Lott, Arno, Die Todesstrafen im Kurfürstentum Trier in der frühen Neuzeit

*Lott, Arno, Die Todesstrafen im Kurfürstentum Trier in der frühen Neuzeit (= Europäische Hochschulschriften 2, 2314). Lang, Frankfurt am Main 1998. Besprochen von Arno Buschmann. ZRG GA 118 (2001)

BuschmannLott200000224 Nr. 1200 ZRG 118 (2001)

 

 

Lott, Arno, Die Todesstrafen im Kurfürstentum Trier in der frühen Neuzeit (= Europäische Hochschulschriften 2, 2314). Lang, Frankfurt am Main – Berlin - Bern - New York – Paris - Wien 1998. 215 S.

Die vorliegende Studie, eine Trierer rechtswissenschaftliche Dissertation aus dem Jahre 1997, behandelt ein Thema, das in der bisherigen landesgeschichtlichen Forschung nur in Teilbereichen erörtert worden ist, nämlich die Strafrechtspflege des Kurfürstentums Trier in der Neuzeit. Behandelt wird das peinliche Strafrecht, nicht hingegen jener Teil des Strafrechtes, der nach der zeitgenössischen Auffassung Gegenstand des Polizeirechts war und dementsprechend in den Polizeiordnungen geregelt wurde. Entgegen dem Titel des Buches, der von den Todesstrafen im Kurfürstentum Trier spricht, werden nicht nur die Arten und die Praxis der Todesstrafen dargestellt, sondern die gesamte peinliche Strafgerichtsbarkeit - eine durchaus zulässige, ja sogar notwendige Vorgangsweise, die ohne Bedenken im Titel hätte zum Ausdruck gebracht werden können.

Der Verfasser beginnt - nach einer kurzen Übersicht über die Quellenlage – mit einem Abriß der Territorialgeschichte des Kurfürstentums Trier, an den sich eine Darstellung der peinlichen Strafgerichtsbarkeit anschließt, wobei er auch den Versuch unternimmt, die Entwicklung der Gerichtsorganisation des Kurfürstentums im einzelnen zu schildern. Es folgt eine Darstellung des Strafverfahrensrechtes der peinlichen Strafgerichtsbarkeit, zunächst bis zum Inkrafttreten der Carolina, sodann des Verfahrensrechtes der Carolina selbst und dessen Handhabung in den einzelnen Gerichten des Kurfürstentums. Wie in allen Territorien des Reiches galt auch in Trier die Carolina, und zwar nicht, wie man immer wieder lesen kann und wie auch der Verfasser irrigerweise annimmt, subsidiär, sondern unmittelbar. Nur dort, wo territoriale oder lokale Rechtsgewohnheiten bestanden, die den Kriterien der sogenannten Salvatorischen Klausel entsprachen, hatten diese vorrangige Geltung, soweit sie nicht fundamentalen Grundsätzen der Carolina widersprachen. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Carolina im Kurfürstentum Trier, wie der Verfasser zutreffend hervorhebt, ausdrücklich verlautbart und ihre Anwendung durch den Landesherrn befohlen wurde – eine Vorgangsweise, die auch in anderen Territorien beobachtet werden kann. Es bedurfte einer solchen Maßnahme, einerseits um den Text der Carolina bekannt zu machen, da die Kundmachung von Reichsgesetzen eher lückenhaft war und zumeist nur durch Separatdrucke erfolgte, andererseits um deren Befolgung für jedermann unmißverständlich festzustellen. Zu Recht erwähnt der Verfasser, daß im Kurfürstentum Trier erst 1719 eine grundlegende Reform des Strafverfahrensrechtes in Angriff genommen wurde, die 1765, also kurz vor dem Ende des Ancien régime, in eine große Justizreform des Kurfürstentums einmündete – relativ spät, wenn man die Entwicklung in anderen Territorien des Reiches betrachtet. Nach dieser ausführlichen Schilderung der Gerichtsorganisation und des Verfahrens der peinlichen Strafgerichtsbarkeit wendet sich der Verfasser dem eigentlichen Thema seiner Arbeit, den Todesstrafen, namentlich den mit der Todesstrafe bedrohten Straftaten und deren Handhabung in der Praxis der peinlichen Strafgerichtsbarkeit im Kurfürstentum Trier, zu. Er beschränkt sich hierbei im wesentlichen auf die in der Carolina geregelten Straftatbestände, ausgenommen spezifische Tatbestände des Landesrechtes, die in der Carolina nicht enthalten sind, wie etwa der Tatbestand der Weinpanscherei. Bei der Behandlung der Straftatbestände sind vom Verfasser einschlägige Gerichtsakten, soweit erhalten und überliefert, herangezogen worden, die zwar landesgeschichtlich interessante Details zeigen, ansonsten in ihrer typischen Struktur den Rahmen des Üblichen und aus anderen Territorien Bekannten nicht überschreiten. Zum Schluß der Arbeit werden Art und Weise der Vollstreckung, des Vollstreckungsverfahrens und die rechtliche und soziale Stellung der am Verfahren beteiligten Personen, namentlich der Scharfrichter, behandelt, ohne daß wesentlich Neues zu Tage gefördert wird – was im übrigens auch nicht zu erwarten war. Die Vollstreckung der peinlichen Strafen vollzog sich im Kurfürstentum Trier wie in den übrigen Territorien und Städten des Reiches nach demselben Muster, wenn man einmal von einigen wenigen Besonderheiten absieht.

Die Ergebnisse der Arbeit sind insgesamt landesgeschichtlich von Interesse und von Belang, für die Geschichte des Strafrechts und des Strafverfahrens enthalten sie keine besonderen Neuigkeiten, sondern bestätigen im Wesentlichen die Ergebnisse ähnlicher landesgeschichtlicher Arbeiten, die für andere Territorien und Städte angefertigt wurden. Ergänzt werden durch die Studie allerdings die Resultate früherer landesgeschichtlicher Arbeiten aus dem Kurfürstentum Trier, namentlich der Arbeit von Schaefgen, sodaß das Bild der Strafgerichtsbarkeit im Kurfürstentum Trier und dessen Entwicklung in der Neuzeit durch die Arbeit des Verfassers durchaus bereichert worden ist. Alles in allem wird man die vorliegende Studie als einen ansprechenden Beitrag zur quantitativen Erfassung der territorialen Strafgerichtsbarkeit innerhalb des Heiligen Römischen Reiches in der Neuzeit ansehen können, durch die unsere Kenntnis der peinlichen Strafgerichtsbarkeit auch in einigen Details ergänzt worden ist, wenn man einmal von dem Wert der Arbeit für die trierische Landesgeschichte absieht.

Salzburg                                                                                                              Arno Buschmann