Krüger, Kersten, Die landständische Verfassung
Krüger, Kersten, Die landständische Verfassung ( = Enzyklopädie der Geschichte 67). Oldenbourg, München 2003. XI, 148 S.
Politische Mitbestimmungsrechte leiteten sich, so beginnt der Verfasser, Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Rostock, aus verschiedenen Traditionen her: zum einen aus der überkommenen Verfassung politischer Verbände, zum anderen aus dem römischen Recht und schließlich aus der Organisation der Kirche. Trotz dieser alten Wurzeln setzt die landständische Verfassung aber anscheinend erst im Hochmittelalter ein. Hier werden ziemlich gleichzeitig an verschiedenen Stellen (León 1188, England 1215, Ungarn 122 2, Heiliges römisches Reich 1231) Gruppen sichtbar, die ihre Mitwirkung an der Herrschaft über ein Gebiet einfordern.
Deswegen geht der Verfasser den älteren Wurzeln gar nicht weiter nach, sondern behandelt in seinem enzyklopädischen Überblick nur die Zeit zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert. Dabei folgen der Entstehung und dem Aufstieg die Struktur und Funktionen. Danach werden die Folgen der Reformation, ein Johann Jacob Moser (1769) nachgebildeter Modell-Landtag, eine Moser entnommene Übersicht über Landstände 1769 und zumindest chronologisch überraschend die Schwächung und Verdrängung nach dem Dreißigjährigen Krieg.
Unter Grundprobleme und Tendenzen der Forschung setzt der Verfasser wieder bei Moser ein. Nach der Bundesakte von 1815 wendet er sich der Literatur des 19. Jahrhunderts im Deutschen Bund wie im Deutschen Reich. Da hier die Landstände durch die Parlamente ersetzt werden, geht es danach im Wesentlichen um die Forschungsgeschichte, an der Juristen kaum (noch) beteiligt sind.
Breiten Raum nehmen danach Quellen und Literatur ein. Hauptsächlich kann dabei umfangreiche Literatur sechser Regionen , dreißiger weltlicher Territorien und neunzehner geistlicher Staaten vorgestellt werden. Angesichts dessen, dass die Bearbeitung der landständischen Verfassung gegenwärtig nicht sonderlich beliebt zu sein scheint, ist dieser fünf Quellenwerke und 670 Abhandlungen ermittelnde Überblick besonders wertvoll.
Im Einzelnen ist von ziemlicher Vielfalt auszugehen. Nach Moser bestanden in 93 von 136 im Jahr 1769 untersuchten Territorien landständische Verfassungen. Das Augenmerk erneut auf diese Vorstufen des Parlamentarismus zu lenken, ist das zentrale Ziel der schlanken Studie.
Innsbruck Gerhard Köbler