Görich, Knut, Die Ehre
Görich, Knut, Die Ehre Friedrich Barbarossas. Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001. X, 638 S.
Knut Görich befasst sich in seiner Arbeit, einer im Sommersemester 2000 an der Abteilung für mittelalterliche Geschichte der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen entstandenen und dort angenommenen Habilitationsschrift, mit Begriff, Bedeutung und Auswirkung der Ehre im politischen Handeln des Hochmittelalters, dargestellt anhand ausgewählter politischer Konflikte des Stauferkaisers Friedrich Barbarossa. Anliegen des Autors ist es, die besondere Funktion der Ehre für den Staufer darzustellen und einen Beleg dafür zu liefern, dass Friedrich kein kühl kalkulierender Politiker im modernen Sinne war, sondern sich durchaus auch von Ehre und Ehrverletzung als archaischer Handlungsform antreiben ließ. Dies, so sei vorweg gesagt, gelingt dem Autor vortrefflich.
Zunächst setzt sich der Autor mit der Ehre in Interaktion und Kommunikation mit Friedrich Barbarossa auseinander, dargestellt an der integrierenden Funktion der Ehre und dem Sprechen vor dem Kaiser. Die integrierende Funktion der Ehre bezieht sich auf den Begriff honor imperii, in dem neben der Ehre auch eine rechtliche Dimension zu finden ist. Zugleich integrierte der honor die Großen des Reiches in das Umfeld des Herrschers: Wurde der honor des Kaisers verletzt, so galt dies auch als Ehrverletzung für die Großen des Reiches, umgekehrt galt die Verletzung der Ehre eines Großen zugleich als Verletzung des honor des Kaisers. Wer mit dem Kaiser sprechen wollte, musste dies verknüpfen mit der demonstrativen Anerkennung der Ehre des Angesprochenen, besonders deutlich dokumentiert durch Gesten der Selbsterniedrigung. Der Kaiser genoss durch seine besondere Ehre eine überragende Stellung im Gespräch, was ein rational-argumentatives Gespräch erschweren konnte. Problematisch konnte es sein, dem Kaiser ein ihm missliebiges Ansinnen vorzutragen, denn hier bestand bereits in der bloßen Erwähnung die Gefahr, den Kaiser herauszufordern, seine Ehre zu verletzen und seine Huld zu verlieren. Wer vor dem Kaiser eine gegenteilige Position vertrat, tat dies mit einem erheblichen Risiko.
Wie sich Ehre und Ehrverletzung im politischen Verhalten des Staufers auswirkten, untersucht der Autor anhand ausgewählter, von mittelalterlichen Quellen überlieferten Konflikten. Es sind dies Konflikte mit den Erzbischöfen von Salzburg, mit den Päpsten und mit den lombardischen Städten. Dabei erfasst die Untersuchung einen Zeitraum zwischen 1155 und 1183. Es würde den Rahmen einer Buchbesprechung sprengen, auf jeden dieser Konflikte einzeln einzugehen und hier das Vorgehen und die Ergebnisse des Autors zu analysieren. Exemplarisch wird das Kapitel „Honor imperii und die Zerstörung von Tortona 1155” (S. 187-213) herausgegriffen, da es einen Konflikt betrifft, den der Rezensent gleichfalls untersucht hat.[1]
Für die Analyse der Auseinandersetzungen mit Tortona greift der Autor auf verschiedene zeitgenössische Quellen zurück: Auf der kaiserfreundlichen Seite stehen die Gesta Frederici Ottos von Freising und Rahewins sowie das Carmen de gestis Frederici imperatoris eines anonymen Verfassers aus Bergamo. Auf der kaiserfeindlichen Sicht liefern die in Mailand entstandene Narratio de Longobardie obpressione et subiectione sowie das von einem tortonesischen Geistlichen verfasste De ruina civitatis Terdonae Auskünfte über den Konflikt zwischen Barbarossa und Tortona. Aus diesen Quellen den tatsächlichen historischen Vorgang ermitteln zu wollen, ist problematisch, da die Quellen beider Seiten durch die jeweilige Position ihrer Verfasser sowie deren persönliche Sichtweise und Motivation eingefärbt wurden. Die Untersuchungen des Autors lassen jedoch den Verlauf der Ereignisse erkennen, in denen Barbarossa keineswegs in einem guten Licht steht. Auch ist der Konflikt mit Tortona ein schönes Beispiel, um die Bedeutung des honor Barbarossas zu belegen. Ebenso ist der Konflikt ein Beleg für die Schwierigkeit, mit der Barbarossa in Norditalien stets zu kämpfen hatte: Er nahm Einfluss auf Auseinandersetzungen zwischen italienischen Kommunen, wurde aber regelmäßig von einer Seite nicht akzeptiert, da man ihn für einen parteilichen Richter hielt. Die Belagerung Tortonas entsprang einer Auseinandersetzung der Kommune mit Pavia, die von Pavia vor das Gericht Barbarossas gebracht wurde. Eine Ladung vor das Gericht lehnte Tortona ab, denn die Tortonesen hielten den Staufer für einen Freund der Pavesen und damit für parteiisch und bezweifelten ein gerechtes Urteil. Das sah Barbarossa als eine Verletzung des honor imperii an und reagierte mit einem fehedartigen Kriegszug gegen Tortona, der in eine Belagerung mündete. Aus den kaiserfeindlichen Quellen ergibt sich, dass der Zisterzienserabt Bruno von Chiaravalle als Vermittler in diesem Konflikt auftrat, ein Mann, der das Gehör beider Konfliktparteien besaß und dem es gelang, eine Beilegung der Auseinandersetzung herbeizuführen. Das erschien, wie der Verfasser zeigt, Barbarossa auch dringend geboten: Die Belagerung Tortonas war schwieriger als gedacht, der Romzug zur Kaiserkrönung verzögerte sich dadurch erheblich. Die Vermittlung durch den Abt bot dem Staufer die Möglichkeit, den Konflikt zu beenden, ohne sein Gesicht zu verlieren: Hätte er die Belagerung einfach abgebrochen und wäre er nach Rom gezogen, hätte dies anderen Kommunen gezeigt, dass der Ungehorsam gegen den Herrscher trotz dessen Auftreten als friedensstiftender Ordnungsmacht straflos möglich war. Vereinbart wurde die Übergabe Tortonas in regis potestatem. Die Übergabe sollte durch die deditio erfüllt werden, unverzichtbar zur Wiederherstellung von Ruhm und Ehre des Königs und des Reiches. Weiteres sollte Tortona nicht zu befürchten haben. Doch es kam anders: Die Stadt wurde am folgenden Tag gestürmt, geplündert und dem Erdboden gleichgemacht. Den Bürgern ließ man ihr Leben. Der Herrscher stand durch dieses Ereignis schlecht da, hatten die Tortonesen doch auf die mit ihm getroffene Vereinbarung vertraut. In den Augen der Tortonesen erschien Barbarossa als wortbrüchig, man warf ihm vor, er habe die von Abt Bruno geführten Verhandlungen und ihr Ergebnis nur aus Gründen der List akzeptiert. Der Abt, so berichtet es die Narratio, sei aus Gram über das Verhalten Barbarossas einige Tage später verstorben.
Es gelingt dem Autor, die Hintergründe für dieses scheinbar widersprüchliche Verhalten des Staufers aufzuzeigen. Eine sorgfältige Analyse der Quellen ergibt einen Widerspruch zwischen der von Barbarossa inszenierten Ordnung und den tatsächlichen Machtverhältnissen in der Lombardei. Das Heer Barbarossas war für einen ausgedehnten militärischen Feldzug in Italien ungeeignet, er brauchte die Unterstützung italienischer Kommunen. So kämpften vor Tortona an seiner Seite neben Pavia noch die Kommunen Marengo, Vercelli, Novara und Cremona. Diese stellten auch die für die Belagerung erforderlichen Spezialisten und Gerätschaften zur Verfügung. Besonders an Pavia hatte sich Barbarossa, so scheint es, eng vertraglich gebunden. So etwas war nicht unüblich, wenn auch die Wahrheit der Behauptung, die sich nur in der Narratio findet, nicht weisbar ist. Die Machtverhältnisse in der Lombardei ließen es offenbar zur Zerstörung Tortonas kommen, die dem honor Barbarossas nicht entsprach und sogar unter seinen Anhängern kritisiert wurde. Einen, wenn auch versteckten Beleg dafür fand der Verfasser ausgerechnet in der Gesta Frederici Ottos von Freising. Die Parteilichkeit des Herrschers bewältigte der Chronist aber, in dem er Barbarossa als gerechten Richter pries und diese Anerkennung in den Mund der Tortonesen legte. Zugleich kommt in Ottos Darstellung aber auch das Dilemma Barbarossas zum Ausdruck: Will er seine italienische Herrschaft durchsetzen, dann muss er immer Partei in den Konflikten der italienischen Kommunen ergreifen und damit jegliche unparteiische Gerechtigkeit vermissen lassen, ein Widerspruch zum honor imperii und dem Gedanken des rex iustus. Dies galt auch für den Konflikt mit Tortona. Der Verfasser zeigt auf, dass es Barbarossa ohne die Unterstützung der Feinde Tortonas, allen voran Pavia, nicht möglich gewesen wäre, gegen diese Stadt als Ordnungsmacht vorzugehen. Zwar bestrafte der König die ungehorsame Stadt, erforderte von ihr nur die deditio. Das eigentliche Strafmaß aber, so der Verfasser, haben wohl die Pavesen festgelegt. Das hatte zur Konsequenz, dass das Vertrauen der Kommunen in Barbarossas Gerechtigkeit untergraben wurde und der Tyrannenvorwurf, den der Verfasser sogar bei Otto von Freising nachweisen konnte, nahe lag.
Es ist der besondere Verdienst des Autors, dass er sich nicht allein auf Einfluss und Auswirkungen von Ehre und Ehrbegriff beschränkt und den Themenkomplex nicht den Spielregeln mittelalterlicher Politik unterordnet, denen, so entsteht der Eindruck, von anderer Seite eine die mittelalterliche Politik nahezu alleingültige Bedeutung eingeräumt wird. Vielmehr sieht der Autor die Ehre Barbarossas im Zusammenspiel mit anderen Kräften, die einen ebenso erheblichen Einfluss auf das politische Verhalten Friedrichs ausübten: Recht, Gericht und Verfahren auf der einen, Geld auf der anderen Seite.
In Bezug auf Recht, Gericht und Verfahren zeigt sich eine doppelte Sichtweise von Barbarossas Vorgehen: Die italienischen Kommunen sahen ihn als parteiischen Richter, entnahmen für sich daraus das Recht zum Widerstand. Gegenteilig war die Sichtweise Barbarossas: Für ihn waren die lombardischen Kommunen, die ihm Widerstand leisteten, Rebellen gegen seine Herrschaft, eine Sichtweise, die vor allem in den Gesta Frederici anzutreffen ist. Otto von Freising und Rahewin ließen den Staufer unter Berufung auf Sätze des gelehrten Rechts sein militärisches Vorgehen gegen die lombardischen Kommunen legitimieren. Der König war ideeller Mittelpunkt des mittelalterlichen Rechtssystems, er war zuständig für Recht und Gesetz und jeder Widerstand gegen ihn war demnach illegitim. Unter Verwendung auch der neueren rechtshistorischen Literatur zur Strafrechtsgeschichte des Mittelalters analysiert der Autor ausführlich die Bedeutung und das Verständnis von Recht in der Zeit Barbarossas und greift zugleich mit Recht die Warnung der neueren rechtshistorischen Forschung auf, unsere heutigen Vorstellungen von Rechtsgeltung und Rechtszwang dem 12. Jahrhundert überzustülpen: Dies, so der Autor, gelte nicht nur Juristen, sondern infolge eines allgemein weit verbreiteten Laienverständnisses vom Recht auch für Historiker.[2] Für die Bedeutung und Geltung von Recht im 12. Jahrhundert arbeitet der Autor anhand der von ihm verwendeten Quellen wichtige Punkte heraus, die für die Beilegung der geschilderten Konflikte von zentraler Bedeutung sind: Die kaiserlichen Ansprüche ruhten erstens nicht auf schriftlich fixiertem Recht, und zweitens stand das Recht nicht einseitig zur Verfügung des Herrschers, sondern beruhte offenbar auf dem Konsens der betroffenen Rechtsgemeinschaft. Da der Herrscher sich nicht auf schriftlich fixiertes Recht berufen konnte, trifft man in den Quellen häufig Fälle an, in denen dagegen die Erinnerung der Lebenden ins Feld geführt wurde: Es sei seit den Satzungen und Anordnungen eines früheren Kaisers bereits so viel Zeit vergangen, dass diese aus der Erinnerung der Menschen verschwunden seien.[3] Für Norditalien galt zudem, dass die Kommunen ihre bisherigen Rechtsgewohnheiten ungestört ausüben konnten und dabei ein spezifisches, gruppenbezogenes Sonderrecht schufen. Die Vorgänger Barbarossas, Lothar III. und Konrad III., hatten daran auch keinen Anstoß genommen. Barbarossa dagegen trat sehr viel offensiver auf. Zudem nutzte er die Wiederentdeckung des römischen Rechts, obgleich sich dieses weder bewährte zur Legitimierung der herrscherlichen Ansprüche noch zur Bewältigung der Konflikte mit den lombardischen Kommunen. Vielmehr bewegte sich der Staufer im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung, eine Alternative dazu gab es nicht. Der Autor weist zutreffend auf die wesentliche Funktion des Konsenses bei der Rechtsgeltung hin sowie auf die Folgen, die sich ergaben, wenn der Konsens zerbrach. Recht beruhte auf Konsens, der beispielsweise durch Rechtsverhältnisse zwischen dem Staufer und den italienischen Kommunen zustande kam, sei es durch Privileg, Vertrag oder Vertrag in Privilegienform. Es gab also kein allgemeingültiges Gesetzbuch, sondern das Recht wurde für jede konkrete Rechtsbeziehung geschaffen. Stieg eine Seite aus dem gefundenen Konsens aus und stellte sie Forderungen, die dem Konsens nicht entsprachen, zerbrach die gefundene Rechtsordnung und es entstand ein Konflikt, in dem zwei gegensätzliche Rechtsauffassungen aufeinander prallten. Eine Lösung des Konfliktes war daher nicht durch moderne Anwendung von Gesetzen möglich, indem der konkrete Sachverhalt unter eine schriftlich fixierte Norm subsumiert wird, sondern nur durch Wiederherstellung des Konsenses.
Wie sich das in den vom Autor untersuchten Konflikten auswirkt und welche Beziehung zur Ehre Barbarossas besteht, diskutiert er im Folgenden unter den Punkten Herrscherliche Autorität und fehlende Akzeptanz (S. 307), Herrscherliche Autorität und Konsenssuche (S. 320) und Zur Wechselbeziehung von Ehre und Recht (S. 327). Von Interesse ist insbesondere die Erkenntnis des Autors, dass Konflikte zwischen Barbarossa und den lombardischen Städten im Lombardenbund schon deshalb eskalieren mussten, weil sich hier unterschiedliche Auffassungen von der Position der Beteiligten in der Auseinandersetzung offenbarten: Für den Lombardenbund kam eine Lösung des Konfliktes vor einem Schiedsgericht in Frage. Es war eine reine Verfahrensfrage. Nicht so für Barbarossa: Er sah sich als den höchsten weltlichen Richter und es war nicht mit seinem honor vereinbar, sich einem anderen Richter unterzuordnen (S. 330). Statt dessen wurden zweiseitige Verhandlungen geführt, etwaige Zugeständnisse kleidete der Kaiser in das Gewand eines Gnadenerweises oder Privileges, so dass sein honor gewahrt blieb. Wie bei dem Konstanzer Frieden von 1183 entstand nach außen hin der Eindruck der Unterwerfung unter den Willen des Kaisers, so dass dieser vor Ehrverlust bewahrt wurde.
In Kapitel VI. greift der Autor den Komplex Geld und Ehre auf und untersucht ihn unter den Aspekten 1. Die übliche Praxis: Geld und dessen Empfänger am Hof, 2. Soziale Praxis und parteiische Perspektive: Der Bestechungsvorwurf, 3. Die verschwiegene Praxis: Geld für Barbarossas Urkunden, 4. Geldforderungen an den Kaiser und 5. Geld und die Wiederherstellung der Ehre Barbarossas. Ein Resümee schließt dieses Kapitel ab. Darin kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Geld dann nicht den gewünschten Erfolg zeitigte, wenn durch Ungehorsam oder vergleichbare Verhaltensweisen der honor Barbarossas verletzt worden war. Der honor des Staufers, so die Schlussfolgerung des Autors, war eine Grundposition, die nicht in Geld konvertierbar war. Wer aber den honor Barbarossas achtete und respektierte, hatte Anspruch auf eine Gegenleistung, durch die auch eine Vergünstigung durch Geld erwirkt werden konnte. Betont wird in den unterschiedlichsten zeitgenössischen Quellen die Freiwilligkeit und die Öffentlichkeit der Geldgabe, wodurch es sich also weniger um einen Preis für politischen Vorteil handelte als vielmehr um ein Geschenk, das dem Geber Ehre bereitete. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Geld am Hofe Barbarossas nicht unter geldwirtschaftlichen Kategorien zu bewerten ist, sondern eine Analogie zum Gabentausch darstellt: Die Gabe von Geld demonstriere Anerkennung und Unterordnung, verpflichte ihren Adressaten zu einer Gegengabe, sei es Fürsprache oder Erfüllung einer Bitte (S. 361). Geldgaben konnten auf Seiten derer, die sich im Recht wähnten und ihrer Meinung nach ungerecht behandelt wurden, zum Vorwurf der Bestechlichkeit oder Käuflichkeit führen. Der Autor weist darauf hin, dass es als Bezugspunkt für derartige Vorwürfe Normen des kirchlichen oder weltlichen Rechts gegeben haben mag, die jedoch im Umgang mit Geld am Hof des Staufers keine Gültigkeit besaßen. Zutreffend weist der Autor außerdem darauf hin, dass es in diesem Zusammenhang keinen Sinn hat, diese Problematik in einer Terminologie zu untersuchen, die für Institutionen und Gesetze des modernen Staates gedacht ist. Zu Recht betont der Autor die Andersartigkeit der sozialen Standards und Normen, die Barbarossas Handeln in ein seine Herrschaft stabilisierendes Geflecht von Gabe und Gegengabe einbanden (S. 362). Eine Geldgabe reichte jedenfalls alleine nicht aus, die verlorene Huld des Herrschers wiederzuerlangen, denn es fehlte ihr die Eindeutigkeit der demonstrativen Selbstdemütigung. So war es, wie der Autor feststellt, möglich, über eine Geldgabe zwar eine Gnade des Herrschers zu erlangen, jedoch nicht die Gnade als solche.
Zusammenfassend gesagt liegt hier eine mediävistische Arbeit vor, die in erfreulicher Ausführlichkeit das politische Verhalten Barbarossas im Hinblick auf die Ehre und die mit ihr zusammenhängenden Faktoren untersucht. Dabei löst sich der Autor, was für die Beschäftigung mit dem 12. Jahrhundert von immenser Wichtigkeit ist, von den modernen Vorstellungen über Staat, Politik und Recht und versucht, in die komplexe Welt des 12. Jahrhunderts einzutauchen, soweit dies für einen Menschen des 21. Jahrhunderts möglich ist. Erfreulich ist auch, dass der Autor den Themenkomplex Ehre nicht allein von mediävistischer Seite aus betrachtet, sondern den rechtlichen Aspekt mit einbezieht und hier die neuere rechtshistorische Diskussion und Literatur berücksichtigt und in seine Untersuchung einbindet. Insgesamt gelingt es dem Autor, einen gelungenen Beitrag zur Erforschung der Interaktion zwischen Barbarossa, seinem Hof, den Großen des Reiches und den italienischen Kommunen zu liefern. Der Autor beansprucht dabei nicht, die endgültige Lösung der offenen Fragen, die sich mit dem 12. Jahrhundert stellen, gefunden zu haben. Vielmehr lädt seine Arbeit, wie auch der sehr ausführliche Anmerkungsapparat zeigt, Historiker wie Rechtshistoriker zu weiteren Forschungen und Analysen ein. Ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis runden das Bild ab.
Berlin Klaus Richter
[1] Klaus Richter, Friedrich Barbarossa hält Gericht. Zur Konfliktbewältigung im 12. Jahrhundert. Böhlau, Köln, Weimar,. Wien 1999.
[2] S. 304, Zitat nach Jürgen Weitzel, Gewohnheitsrecht und fränkisch-deutsches Gerichtsverfahren in: Gerhard Dilcher (Hg.), Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheit im Mittelalter (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Band 6), Berlin 1992, S. 76.
[3] S. 304, Zitat nach Romuald von Salerno, Chronicon, S: 276, Z. 14-16.