Grether, E., Die Poesie der Throne. Die Juristen in der fruchtbringenden Gesellschaft

* (= Rechtshistorische Reihe 127). Lang, Frankfurt am Main 1995. 236 S. Besprochen von Heinz Müller-Dietz. ZRG GA 119 (2002)

Müller-DietzGrether20010209 Nr. 578 ZRG 119 (2002) 44

 

 

Grether, E., Die Poesie der Throne. Die Juristen in der Fruchtbringenden Gesellschaft (= Rechtshistorische Reihe 127). Lang, Frankfurt am Main 1995. 236 S.

 

Die Kieler Dissertation befasst sich mit der Rolle und dem Schrifttum der Juristen in der Fruchtbringenden Gesellschaft, die bisher vor allem Gegenstand literaturwisssenschaftlicher und sozialgeschichtlicher Studien war. Als größte und bekannteste gelehrte Gesellschaft des 17. Jahrhunderts spiegelte die Vereinigung die sozialen und politischen Konflikte jener Epoche wider. Das waren namentlich die Türkengefahr, die konfessionelle Spaltung des „Römischen Reiches Deutscher Nation“ und der Dreißigjährige Krieg. Die Fruchtbringende Gesellschaft entsprang dem zunehmenden Bedürfnis einer literarischen und adligen Elite nach Pflege der hochdeutschen Sprache, die man durch die Einflüsse der französischen Kultur gefährdet sah, und nach Besserung von Tugend und Sitten, die vor allem unter den Folgen jenes Krieges gelitten hatten. „Es war dies eine erste patriotisch-nationale Bewegung aus protestantischem Geist.“ (Richard van Dülmen)

Freilich handelte es sich nicht um eine deutsche Erfindung; Sprachgesellschaften waren zuvor schon in Paris und Florenz gegründet worden. Ihr erstes Oberhaupt war Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen. Ihm gelang es, der Gesellschaft zu einiger Bedeutung zu verhelfen. In der Zeit von 1617 bis 1650 wurden in den „Palmenorden“ - wie die Vereinigung damals auch genannt wurde - 527 Mitglieder aufgenommen. Ihre Zahl nahm später noch zu - bevor es zum Niedergang der Gesellschaft kam. Um Aufnahme bewerben konnte man sich nicht; vielmehr mußten Kandidaten von einem Mitglied vorgeschlagen werden.

Edith Grether stellt in ihrer Quellenstudie zunächst die Fruchtbringende Gesellschaft selbst vor, um sich dann ihren juristischen Mitgliedern zuzuwenden. Vor diesem Hintergrund schildert sie Herkunft, Ausbildung, beruflichen Werdegang, späteres Wirken sowie Schrifttum der Juristen. Daran schließen sich gleichsam repräsentative Kurzbiographien dieses Mitgliederkreises an. Eine Reihe von Abbildungen geben Kupferstiche von Oberhäuptern und Emblemen der Gesellschaft sowie von Titelkupfern einschlägiger Veröffentlichungen wieder.

Insgesamt verweisen Darstellung wie Dokumente auf den unmittelbaren literarischen Bezug, der durch die (Publikations-) Tätigkeit etlicher juristischer Mitglieder der Gesellschaft hergestellt wurde. So verzeichnete die Vereinigung in ihren Reihen z. B. Namen wie die Friedrich von Logaus, Johann Michael Moscheroschs, Georg Neumarks und Martin Opitzs. Ebenso ragen aus den umfangreichen und vielseitigen Quellen, welche die Verfasserin herangezogen hat, nicht zuletzt Veröffentlichungen bedeutender Schriftsteller (wie z. B. von Johann Beer, Georg Philipp Harsdörffer, Gottfried Wilhelm Leibniz sowie eben von Moscherosch, Neumark und Opitz) hervor. Breiten Raum nahmen im einschlägigen Schrifttum Leichenpredigten ein.

Die Mitgliedschaft der Juristen in der Fruchtbringenden Gesellschaft war durch eine strenge Hierarchie gekennzeichnet. Sie bildete gleichsam den beruflichen Werdegang wie die Tätigkeit in ihren späteren Ämtern ab. Auf der einen Seite thematisierten die bürgerlichen, humanistisch gebildeten Räte in ihren Publikationen die Staatsform des Reiches und die Problematik der Souveränität. Auf Landesebene schrieben sie vielfach Erziehungslehren - in der Tradition der Regentenspiegel - und Abhandlungen über die Verwaltung der meist kleinen Fürstentümer. Aber nicht nur ihre Schriften, sondern auch die poetische Literatur der Dichterjuristen nahm im Barockzeitalter im Grunde staatstragende Funktionen wahr. Ihr oft panegyrisches Lob des Landesherrn schlug sich etwa in Gestalt von Sing-, Freuden- und Schäferspielen sowie in Opernlibretti nieder.

Edith Grether durchforstet in diesem Rahmen eine Vielzahl einschlägiger Publikationen jener Zeit in thematischer wie inhaltlicher Hinsicht nach den verschiedensten Richtungen hin, die sie auch durch entsprechende Textbeispiele belegt. Sie kommt indessen letztlich zum Ergebnis, daß dem literarischen Wirken der Juristen in der Fruchtbringenden Gesellschaft nur wenig Erfolg beschieden war. Das gilt namentlich für die Ziele, die sie sich mit ihrer Tätigkeit gesetzt hatten: die deutsche Sprache zu fördern und auf eine Verbesserung der Sitten hinzuwirken.

 

Saarbrücken                                                                                                   Heinz Müller-Dietz