Hohkamp, Michaela, Herrschaft in der Herrschaft.

* Die vorderösterreichische Obervogtei Triberg von 1737 bis 1780 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 142). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998. 283 S. Besprochen von Markus Steppan. ZRG GA 119 (2002)

SteppanHohkamp20000929 Nr. 1178 ZRG 119 (2001) 41

 

 

Hohkamp, Michaela, Herrschaft in der Herrschaft. Die vorderösterreichische Obervogtei Triberg von 1737 bis 1780 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 142). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998. 283 S.

 

Die vorliegende Arbeit Hohkamps gliedert sich in fünf umfangreiche Abschnitte. Kapitel 1 (S. 27-71) widmet sich neben der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte Vorderösterreichs vor allem der Darstellung der Verwaltungsstruktur der Herrschaft Triberg und deren wirtschaftlicher Erträge. Dies wird anhand der landesherrlichen Absichten, der darauf basierenden Verwaltungsvorgaben und der konkreten Umsetzung und nicht zuletzt auch der Akzeptanz auf Seiten der Normadressaten dargestellt.

Im Kapitel 2 (S. 72-112) wird die Herrschaftspraxis der Obervögte näher beleuchtet. Die Amtsausübung war geprägt durch einander teilweise widersprechende Interessen. Charakteristisch dafür ist das dargestellte Verhältnis zwischen Ortsvögten und Obervögten. Nahmen sich die Ortsvögte mitunter große Freiheiten heraus, hatten die Obervögte dies meist zu tolerieren, da sie auf deren Unterstützung und Kooperation als Bindeglied zwischen Untertanen und Herrschaft angewiesen waren.

Unter der Bezeichnung „delegierte Herrschaft“ stellt Hohkamp im dritten Kapitel (S. 113-156) die einzelnen herrschaftlichen Beamten dar und zeigt in ihren Ausführungen auf, daß deren Amtsverständnis häufig kein unvoreingenommes, sondern ein von den realen Besitzverhältnissen im Sinne der Unterscheidung zwischen besitzender und besitzloser Klasse geprägtes war. Eine Ausnahme davon stellten nur die herrschaftlichen Jäger dar. Dies belegt Hohkamp durch die Tabellen 1 und 2, welche auf der Basis der Amtsprotokolle erstellt wurden.

Kapitel 4 (S. 157-215) wendet sich der Rechtspflege bzw. Rechtsdurchsetzung zu. Anhand der rechtsuchenden Personen - vorwiegend Männer - und der häufigsten Delikte - Besitzstreitigkeiten und Ehrenhändel - und der Orte der Streitaustragung - weitaus am häufigsten das Wirtshaus - werden die Triberger Untertanen und deren Formen der Konfliktaustragung und Konfliktbewältigung dem Leser vorgestellt. Erklären läßt sich die Tatsache der vorwiegend männlichen Rechtsuchenden unter anderem durch eine von Männern dominierte Justiz. Gerade aus diesem Grund nahmen Frauen nur selten richterliche Hilfe in Anspruch, war doch die gegen Frauen gerichtete verbale und körperliche Gewalt großteils rechtlich abgesichert und auch gesellschaftlich akzeptiert. In vielen Fällen führte dies zu einer Niederschlagung des Verfahrens noch vor dessen eigentlicher Eröffnung bzw. konnte die Klägerin sehr schnell in die Rolle der Beklagten gedrängt werden (vgl. dazu auch S. 244ff.).

„Die Herrschaft im Amtshaus“ wird im Kapitel 5 (S. 216-252) näher beleuchtet. Hier wird das Procedere der Rechtsdurchsetzung, beginnend mit der Klageerhebung vor dem Ortsvogt oder dem Obervogt über das Ringen um eine relativ rasche Festsetzung des Verhandlungstermins bis zur Urteilssprechung näher erläutert. Hohkamp verweist dabei vor allem auf die damit verbundenen Schwierigkeiten, hohe Kosten und langwierige Verfahren, mit denen Rechtsuchende konfrontiert waren.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß Hohkamps interessante und akribisch recherchierte Ausführungen durch zahlreiche konkrete Streitfälle belegt werden, welche das Interesse des Lesers am Studium des vorliegenden Bandes wecken und fördern. Abgerundet wird die wissenschaftlich hochstehende Arbeit schlußendlich durch ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis und ein kurzes, aber hilfreiches Sachregister.

 

Graz                                                                                                              Markus Steppan