Kramer (Institoris), Heinrich, Der Hexenhamme
KöblerKramer20001008 Nr. 10229 ZRG 119 (2002) 33
Kramer (Institoris), Heinrich, Der Hexenhammer - Malleus Maleficarum, neu aus dem Lateinischen übertragen von Behringer, Wolfgang/Jerouschek, Günter/Tschacher, Werner, hg. und eingeleitet v. Jerouschek, Günter/Behringer, Wolfgang. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000. 864 S.
Der Hexenhammer des Dominikanermönchs Heinrich Kramer zählt mit seinen 29 bis zum 20. Jahrhundert festgestellten Auflagen zu den besonders bekannten Werken der Weltliteratur. Bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts dürfte er die verbreiteste systematische Dämonologie überhaupt gewesen sein. Vermutlich genügten schon seine bis zum frühen 16. Jahrhundert erschienenen 10000 Exemplare, um sämtliche bedeutenden Bibliotheken der lateinischen Christenheit mit dieser literarischen Grundlage der Hexenverfolgung auszurüsten.
Dennoch ist selbst die Entstehungsgeschichte dieses Werks noch ein interessanter Forschungsgegenstand, weil die ersten drei Auflagen noch nicht durch ein heute selbverständliches Titelblatt identifizierbar gemacht wurden und sogar der Verlag des Jahres 2000 durch Prospekt die Kunde verbreitet, der Erstdruck des um 1430 in Schlettstadt geborenen, am 15. Juni 1474 zum Inquisitor bestellten Verfassers stamme von 1431. Deshalb war der Rückgriff auf die verwendeten Drucktypen für den Nachweis erforderlich, dass Peter Drach der Mittlere in Speyer 1487, 1490/1491 und 1494 die ersten drei Auflagen besorgte. Ihm schlossen sich bald die berühmtesten Drucker der Zeit an.
Das zunächst mit Hilfe des Termins der gefälschten Approbation des Werks durch die Universität Köln ermittelte Datum des Erstdrucks vom 19. Mai 1487 bedarf der Berichtigung, seit 1957 das zweitverwertet in Einbanddeckeln in Dillingen enthaltene Rechungsbuch Peter Drachs aufgefunden wurde. Es weist nämlich schon für die Woche vom 8. – 14. April 1487 die Lieferung „Tractat von den Zauberine“ aus. Geht man davon aus, dass die zu einem 14. Dezember belegte Empfangsbestätigung über zwölf Tractat wider die Zauberern auf das Jahr 1486 zu beziehen ist, weil ein Handelsdiener am 12. Januar 1487 mit sechs Tractat wider die Zaubernisse von Speyer nach auswärts aufbricht, wäre als Druckabschlusszeitpunkt die Mitte des Monats Dezember 1486 anzunehmen.
Bei einer Fertigungskapazität von 150 Exemplaren eines Buchs von 128 Folioseiten und einer Erstauflage von 300 Exemplaren müsste demnach das Manuskript spätestens in der Mitte des Monats Oktober abgeliefert worden sein. Entstanden sein könnte es nach der Vertreibung Kramers aus Innsbruck im Februar 1486, nach der die Quellen zu Kramers Tätigkeit schweigen. Vielleicht reiste er nach Manuskriptablieferung über Speyer nach Brüssel, wo er am 6. November 1486 von Maximilian I. ein freilich nur noch mittelbar bezeugtes Privileg zur Förderung der Hexeninquisition und zum Schutz der Inquisitoren erhielt.
Den unmittelbaren Anlass für die Abfassung des Hexenhammers bildete das Scheitern der Hexeninquisition in Innsbruck im Herbst 1485, als am 2. November 1485 sieben von Kramer verhaftete und verhörte Frauen frei gelassen werden mussten. Vermutlich entstand in einer Stellungnahme an den Bischof von Brixen die erste Vorstufe. Die Ausarbeitung könnte dann in Salzburg, Augsburg oder Schlettstadt, der Abschluss in Speyer erfolgt sein.
Vom lateinisch abgefassten Hexenhammer gab es seit 1902 eine Übersetzung des Indologen J. W. Richard Schmid. Sie ermöglichte vielen das Verständnis des Werks, galt aber seit langem als unvollkommen. Aus diesem Grund bemühte sich Wolfgang Behringer anlässlich der Neuherausgabe seinen Dokumentenbandes Hexen und Hexenprozesse in Deutschland erfreulicherweise um eine Verbesserung der Forschungslage.
Gemeinsam mit Günter Jerouschek wurde von Wolfgang Behringer Werner Tschacher für die Neuübersetzung gewonnen. Seine Rohübersetzung wurde in aufwendigen Korrekturdurchgängen verbessert. Dabei wurde der neueste internationale Forschungsstand, mit dem die Bearbeiter als ausgewiesene Hexereiforscher bestens vertraut sind, einbezogen.
Auf diese Weise ist eine gut lesbare, übersichtlich gestaltete und wissenschaftlich bedeutsame Neuübertragung entstanden. Sie wird durch Kommentierung wichtiger Belegstellen und durch den Nachweis der Beispiele aus tatsächlichen Hexenverfolgungen vertieft. Eine fast hundertseitige Einleitung führt den Leser nicht nur umsichtig in die bisherige Forschungslage ein, sondern erbringt auch zahlreiche neue Einsichten. Der umfängliche Anhang dokumentiert die bedeutsame Literatur und erschließt das Gesamtwerk durch ein ausführliches Register.
Alles in allem ist damit der Hexenforschung ein hervorragendes Arbeitsinstrument neu zur Verfügung gestellt.
Innsbruck Gerhard Köbler