Roth, Jürgen/Sokolowsky, Kay, Lügner, Fälscher, Lumpenhunde

*. Eine Geschichte des Betrugs. Reclam, Leipzig 2000. 383 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 119 (2002)

KöblerRoth/Sokolowsky20010901 Nr. 10243 ZRG 119 (2002) 08

 

 

Roth, Jürgen/Sokolowsky, Kay, Lügner, Fälscher, Lumpenhunde. Eine Geschichte des Betrugs. Reclam, Leipzig 2000. 383 S.

 

Gibt es nicht Ehrenmänner, die verzweifelt entflohene Partner unter Berufung auf Menschenrechte durch alle Foren hetzen, wo es ihnen ausschließlich um persönliche Rache für enttäuschte Eitelkeit geht? Gibt es nicht Ehrenmänner, die vor Fälschung nicht zurückschrecken, weil sie sich davon einen individuellen Vorteil erhoffen? Gibt es nicht Ehrenmänner, die Leistungsfähigkeit zum Schaden der Allgemeinheit vorspiegeln, wo ihnen mangelnde Qualifikation auf der Stirne geschrieben steht, und Erkrankung öffentlich vortäuschen, wo sie zum privaten Vorteil quicklebendig sind?

Lügner, Schmierer, Fälscher und andere Lumpenhunde sind der menschlichen Geschichte nicht fremd. Wo Lüge, Fälschung und Betrug selbverständlich sind, wählen viele kleine Lügner einen großen Lügner zur Gallionsfigur. Er bedankt sich bei ihnen dadurch, dass er ihre vielen Lügen zum Schaden der Allgemeinheit bis hin zu Kollusion und Korruption toleriert.

Von daher könnte eine Geschichte des Betrugs die Wahrheit in ihrer Auseinandersetzung stärken. Angesichts der Unzahl der Lügner, Fälscher und Lumpenhunde der menschlichen Geschichte ist allerdings Vollständigkeit von vornherein ausgeschlossen. Auch eine zeitlich, örtlich und sachlich beschränkte Untersuchung könnte jedoch schon von exemplarischer Bedeutung sein.

Lügen an allen Fronten? Viele gekauft und geschmiert? Das ganze Land ein schwarzes Loch der Korruption? Unter solchen Fragen diagnostizieren die beiden Verfasser eine sich gegenwärtig rasant beschleunigende Karriere von List und Tücke, Lug und Trug in vielen Bereichen. Im Ergebnis wird ihnen der Betrug allgemein und systematisch.

Zwar greifen sie in diesem Zusammenhang auch auf Gott, Troja, Platon, Karl den Großen oder Machiavelli zurück. Sie zitieren auch eine Reihe jüngster Untersuchungen. Selbst Horst Fuhrmann und Theo Kölzer werden ihnen zu Gewährsmännern.

Eine Geschichte des Betrugs liefern sie freilich mit noch so vielen selektierten Lügen, Fälschungen und Betrügereien vom Turiner Grabtuch bis zur Auschwitz-Lüge, von Bismarck bis Hitler oder von Guildo Horn bis Uwe Seeler nicht. Am ehesten gelingt ihnen noch eine Sensibilisierung für die unendliche Vielzahl ehrenmännlicher Maskeraden ehrenwertest geltender Einrichtungen, hinter denen Lügner, Schmierer, Fälscher und Lumpenhunde ihr beschämendes Unwesen selbst an scheinbaren Horten des Rechts treiben. Dabei wäre doch die einfache Wahrheit der beste Garant der Freiheit.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler