Thiemrodt, Ivo, Strafjustiz und DDR-Spionage

*. Zur Strafverfolgung ehemaliger DDR-Bürger wegen Spionage gegen die Bundesrepublik (= Berliner juristische Universitätsschriften Strafrecht 7). Berlin Verlag, Berlin 2000. XVIII, 376 S. Besprochen von Friedrich-Christian Schroeder. ZRG GA 119 (2002)

SchroederfriedrichchristianFahnenschmidtrummlerthiemrodthohoffmüller20010704 Nr. 10291, 10260, 10292, 10432, 10454 ZRG 119 (2002) 88

 

 

Fahnenschmidt, Willi, DDR-Funktionäre vor Gericht. Die Strafverfahren wegen Amtsmissbrauch und Korruption im letzten Jahr der DDR und nach der Vereinigung (= Berliner Juristische Universitätsschriften Strafrecht 5). Berlin Verlag, Berlin 2000. XXII, 347 S.

Rummler, Toralf, Die Gewalttaten an der deutsch-deutschen Grenze vor Gericht (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 6). Berlin Verlag, Berlin 2000, XXX, 611 S.

 

Thiemrodt, Ivo, Strafjustiz und DDR-Spionage. Zur Strafverfolgung ehemaliger DDR-Bürger wegen Spionage gegen die Bundesrepublik (= Berliner Juristische Universitätsschriften Strafrecht 7). Berlin Verlag, Berlin 2000. XVIII, 376 S.

 

Hohoff, Ute, An den Grenzen des Rechtsbeugungstatbestandes. Eine Studie zu den Strafverfahren gegen DDR-Juristen (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 9). Berlin Verlag, Berlin 2000. XVII, 237 S.

 

Müller, Jan, Symbol 89 – Die DDR-Wahlfälschungen und ihre strafrechtliche Aufarbeitung (= Berliner Juristische Universitätsschriften, Strafrecht 11). Berlin Verlag, Berlin 2001. XXI, 443 S.

 

1996 begründeten die Professoren am Institut für Kriminalwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin Klaus Marxen und Gerhard Werle mit Unterstützung der Volkswagen-Stiftung ein großes Forschungsprojekt „Strafjustiz und DDR-Vergangenheit“, das den strafrechtlichen Umgang mit der DDR-Vergangenheit in juristischer, zeitgeschichtlicher und rechtsvergleichender Perspektive untersuchen sollte. Das umfassende Thema wurde in zehn „Deliktsgruppen“ aufgeteilt, nämlich Gewalttaten an der deutsch-deutschen-Grenze, Wahlfälschung, Rechtsbeugung, Denunziationen, MfS-Straftaten, Mißhandlungen in Haftanstalten, Doping, Amtsmißbrauch und Korruption, Wirtschaftsstraftaten und Spionage, und mit Hilfe von Doktoranden in Angriff genommen. 1999 wurde als Ergebnis das Werk Marxen, Klaus/Werle, Gerhard, Die strafrechtliche Aufarbeitung von DDR-Unrecht. Eine Bilanz, vorgelegt. Dabei wurden in den einzelnen Abschnitten zunächst die Rechtsgrundlagen der einzelnen Deliktsgruppen, dann die wichtigsten Fallgestaltungen und schließlich die Probleme der Anwendung der Strafvorschriften auf die Fälle dargestellt. Dieses Werk wurde bereits mehrfach rezensiert (so vom Rezensenten in Deutschland Archiv 2000, S. 654f.).

Nunmehr werden von den an diesem Projekt beteiligten Doktoranden einschlägige Dissertationen vorgelegt. Diese folgen zwar grundsätzlich dem Aufbau der entsprechenden Kapitel in dem von Marxen/Werle herausgegebenen Werk. Sie sind aber viel ausführlicher und enthalten darüber hinaus eine eigene Stellungnahme der Verfasser zu den auftretenden Rechtsproblemen, während sich die Darstellung im Rahmen des Werkes von Marxen/Werle sachgerecht auf eine Wiedergabe der in Rechtsprechung und Literatur vertreten Ansichten beschränkt hat. Diese Stellungnahmen befinden sich durchweg auf hohem wissenschaftlichem Niveau. Allerdings ist ihre wissenschaftliche Bedeutung dadurch eingeschränkt, daß die justitielle Aufarbeitung des DDR-Unrechts inzwischen so gut wie abgeschlossen ist und sich für absehbare Zeit kaum wieder ähnliche Fallgestaltungen vorstellen lassen. Immerhin wird die Frage nach der Rechtsstaatlichkeit der Aburteilung des DDR-Unrechts noch längere Zeit die öffentliche Diskussion bestimmen, und hierfür bieten die Arbeiten wertvolles Argumentationsmaterial. Außerdem weisen die Autoren darauf hin, daß einige der bei der Aufarbeitung des DDR-Unrechts entwickelten Kriterien und Figuren auch in Zukunft für die Aburteilung der allgemeinen Kriminalität Bedeutung haben werden, so die Figur des „Täters hinter dem Täter“ und das Rückwirkungsverbot (Rummler, Thiemrodt), die Gerichtsqualität bei Absprachen im Strafprozeß (Hohoff), die Einschränkung des Schutzprinzips, das verfassungsrechtliche Verfolgungshindernis oder das „Strukturver­fahren“ (Thiemrodt).

Inzwischen haben Marxen und Werle damit begonnen, auch noch eine „Dokumentation Strafjustiz und DDR-Unrecht“ herauszugeben, die entsprechend dem Gesamtprojekt in zehn Bände aufgeteilt ist und dabei die wesentlichen Ergebnisse der „Bilanz“ noch einmal aufführt, darüber hinaus aber wichtige Gerichtsverfahren mit den Urteilen aller Instanzen enthält. Bisher ist Band 1 „Wahlfälschung“ erschienen (Berlin 2000).

 

Regensburg                                                                                         Friedrich-Christian Schroeder