Torp, Silke Anke, Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und ihren Kindern.

* Dienstleistungspflicht, Aussteuer und Ausstattung. Eine Analyse der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Reicharbeitsgerichts zu den Vorschriften der §§ 1616 bis 1625 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Zeit von 1900 bis 1945 (= Rechtshistorische Reihe 223). Lang, Frankfurt am Main 2000. 305 S. Besprochen von Ute Walter. ZRG GA 119 (2002)

WalterTorp20010427 Nr. 10223 ZRG 119 (2002) 79

 

 

Torp, Silke Anke, Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und ihren Kindern. Dienstleistungspflicht, Aussteuer und Ausstattung, eine Analyse der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Reicharbeitsgerichts zu den Vorschriften der §§ 1616 bis 1625 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Zeit von 1900 bis 1945 (= Rechtshistorische Reihe 223). Lang, Frankfurt am Main 2000. 305 S.

 

Zur Zeit seines Inkrafttretens kannte das Bürgerliche Gesetzbuch in den §§ 1616 –1625 a. F. insgesamt neun Vorschriften, die das Rechtsverhältnis des Kindes zu seinen Eltern näher ausgestaltete. Von diesen sind heute nur noch unverändert erhalten: § 1619 BGB (= § 1617 a. F.), der die Dienstleistungspflicht des Kindes im elterlichen Haushalt oder Geschäft regelt sowie die §§ 1624, 1625 BGB, welche die Ausstattung betreffen. Das Namensrecht des Kindes (§ 1616 BGB a. F.) wurde inzwischen mehrfach geändert; von den vermögensrechtlichen Bestimmungen der §§ 1618, 1619 BGB a. F. hielt man nur an der erstgenannten gesetzlichen Schenkungsvermutung bei Beiträgen des Kindes fest (jetzt § 1620 BGB). Die Vorschriften zur Pflicht des Vaters (oder ersatzweise der Mutter), der sich verheiratenden Tochter eine Aussteuer zu gewähren (§§ 1620-1623 BGB a.F.), wurden durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. 06. 1957 ersatzlos gestrichen.

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unseres vergangenen Jahrhunderts führte zu einer Verengung des ursprünglich weit gefächerten Aufgabenspektrums der Familie; ein Wandel, der sich bekanntlich insbesondere auf das Familienrecht ausgewirkt hat. Anhand einer Analyse der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem genannten Vorschriftenkomplex vom Entstehungszeitpunkt bis in die heutige Zeit versucht die Verfasserin, das jeweilige Verständnis der heute sämtlich als veraltet erscheinenden Vorschriften nachzuzeichnen. Dabei setzt sie ihren Schwerpunkt bei denjenigen Regelungen, die an die Hausgemeinschaft zwischen Eltern und Kindern anknüpften und welche die Bedeutung der Familie als Betreuungs- und Versorgungsgemeinschaft hervorhoben (1.-3. Kapitel); diese engen räumlichen und sozialen Bindungen sind der modernen Familie mit volljährigen Kindern inzwischen zusehends fremd geworden. Nicht ganz in diesen Zusammenhang passt das Namensrecht des Kindes; es wird von Torp dennoch bezogen auf die namensrechtliche Beurteilung von Adelsbezeichnungen behandelt (4. Kapitel).

Die Verfasserin erläutert jeweils die Entstehungsgeschichte der Vorschriften zur Dienstleistungspflicht des Kindes, Aussteuer und Ausstattung, bevor sie sich ausführlich deren Auslegung durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und Reichsarbeitsgerichts vor 1945 zuwendet. Den auf diese Weise herausgearbeiteten Entwicklungslinien stellt Torp sodann eine rechtliche Würdigung der einzelnen Vorschriften in der Zeit nach 1945 gegenüber, wobei sie sich auf ausgewählte Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und einen eher groben Überblick über das zeitgenössische Schrifttum beschränkt. In ihrer Schlussbetrachtung vergleicht Torp die von der Rechtsprechung vor und nach 1945 eingeschlagenen Richtungen und überprüft die aktuelle praktische Bedeutung der §§ 1619, 1624, 1625 BGB (S. 277-279); in einem Anhang folgen die §§ 1616-1625 BGB in der Fassung vom 18. 8. 1896 sowie ein Register aller in der Arbeit zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen.

Für die rechtliche Beurteilung der kindlichen Dienstleistungspflicht in ihrer Abgrenzung zur vertraglich geschuldeten Mitarbeit bemerkt sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen gegenüber der reichsgerichtlichen Linie bedeutsamen Wandel, wonach es für das Vorliegen eines familienrechtlichen Verhältnisses keine tatsächliche Vermutung mehr gebe. Für die Ausstattung hingegen kann T o r p auf eine wesentliche Rechtsprechungsänderung nicht verweisen. Allerdings meint sie, dass die Intention des § 1624 BGB heutzutage vor allem dadurch erfüllt wird, dass die Eltern ihren Kindern Unterhalt für eine Ausbildung (§ 1610 II BGB) gewähren, die deren wirtschaftliche Selbständigkeit ermöglicht: Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränke sich daher inzwischen auf an Töchter wie Söhne anlässlich ihrer Verheiratung zugewendete Aussteuern.

 

Regensburg                                                                                                                Ute Walter