Violence in Medieval Society,

* ed. by Kaeuper, Richard W. Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2000. XIII, 226 S. Besprochen von Susanne Jenks. ZRG GA 119 (2002)

JenksViolence20010312 Nr. 10346 ZRG 119 (2002) 32

 

 

Violence in Medieval Society, hg. v. Kaeuper, Richard W. Boydell & Brewer, Woodbridge/Suffolk 2000. XIII, 226 S.

 

Dieser Band enthält die Beiträge einer Konferenz, die im Mai 1998 an der Universität von Rochester abgehalten wurde und sich mit den Erscheinungsformen und Reglementierungsversuchen mittelalterlicher Gewalt beschäftigte. Aus rechtsgeschichtlicher Sicht besonders interessant ist der Aufsatz von Amy Phelan, Trailbaston and Attempts to Control Violence in the Reign of Edward I (S. 129-140), die überzeugend argumentiert, daß die Wiederherstellung königlicher Autorität und der Wunsch, das Land zu befrieden, neben finanziellen Motiven Edward I. dazu bewogen, die Trailbaston Kommissionen 1304-1307 auszusenden, und Trailbaston daher nicht einfach als Antwort auf zunehmende Gewalt zu sehen ist. Paul Hyams stellt die rhetorische Frage, Does it Matter when the English Began to Distinguish between Crime and Tort? (S. 107-128). Er glaubt, erste Differenzierungsansätze in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erkennen zu können und sieht einen Grund in den juristischen Reformen Henrys II., insbesondere in der zunehmenden öffentlichen Kriminalitätsbekämpfung. Andere Beiträge befassen sich mit dem Thema der Gewalt unter nicht primär rechtsgeschichtlicher Fragestellung. So geht es Malcom Vale, Aristocratic Violence: Trial by Battle in Later Middle Ages (S. 159-181), in erster Linie darum, anhand von einigen Duellen und juristischen Zweikämpfen aus dem spätmittelalterlichen Frankreich und den Niederlanden aristokratische Gewaltanwendung darzustellen und zu betonen, daß es die Aristokratie selbst war, die Gewalt zu regulieren und einzuschränken versuchte, während M. L. Bohna, Political and Criminal Violence in Fifteenth-Century England (S. 91-104), am Beispiel von Lincolnshire zeigen will, wie die Tolerierung von Straftaten von Anhängern Edwards IV. gegen die Mitglieder der Lancaster Fraktion eine Gewaltspirale in Gang setzte, die 1470 zu einem Wiederausbruch politischer Gewalt auf nationaler Ebene führte. Er schlägt als Erklärungsmodell für den erneuten Ausbruch der Kämpfe unter Edward IV. eine Modifizierung der These R. L. Storeys vor: nach Bohna waren es nicht allein die eskalierenden Privatfehden der Aristokratie, die zu den späten Rosenkriegen führten. Ein Teil der Verantwortung liegt bei Edward IV., zumal seine Politik die Spirale der Gewalt auslöste. Bei einigen Fußnoten (Anm. 36, 39 und 51) wurde vergessen, die Membrannummer der Quellen (KB 27; King’s Bench Plea Rolls) anzugeben. Matthew Strickland, A Law of Arms or a Law of Treason? Conduct in War in Edward I’s Campaigns in Scotland, 1296-1307 (S. 39-77), führt die Vorgehensweise Edwards I. in den Anglo-Schottischen Kriegen darauf zurück, daß der König die Schotten als Landesverräter und Rebellen ansah und nicht als Untertanen eines anderen Souveräns. In der neuen Definition von Hochverrat im späten 13. Jahrhundert, die einen Angriff auf die königliche Autorität mit einem Angriff auf die Person des Königs gleichsetzte, und in der extrem persönlich verletzenden und verbittert geführten Art der politischen Auseinandersetzung zur Zeit Edwards II. erkennt Seymour Phillips, Simon de Montfort (1265), The Earl of Manchester (1644), and Other Stories: Violence and Politics in Thirteenth- and Early Fourteenth-Century England (S. 79-89), die Gründe für das brutale Vorgehen gegen Montfort und die anderen.

Juliet Vale, Violence and the Tournament (S. 143-158), beschreibt den Zwiespalt der weltlichen Herrscher, die verhindern mußten, daß Turniere zu einer Art Ersatzfehde wurden, und zugleich auf das Können der Ritter angewiesen waren. Sarah Kay, The Sublime Body of the Martyr: Violence in Early Romance Saints´ Lives (S. 3-20), untersucht die (sexuelle) Gewaltdarstellung in muttersprachlichen Heiligenviten aus der Zeit vor 1200, und Richard W. Kaeuper, Chivalry and the ´Civilizing Process´ (S. 21-35) analysiert den Zivilisierungsprozeß (Norbert Elias) anhand von Auszügen aus Lancelot. James A. Brundage, Domestic Violence in Classical Canon Law (S. 183-195), beschreibt die begrenzten Möglichkeiten des Kirchenrechts, die Gewaltanwendung innerhalb der Ehe zu verhindern, und die Versuche, den Opfern ehelicher Gewalt wenigstens im Nachhinein Hilfe zukommen zu lassen. Barbara A. Hanawalt, Violence in the Domestic Milieu of Late Medieval England (S. 197-214), gibt Beispiele von Gewalt innerhalb der Ehe und von Gewaltanwendung gegenüber Dienern und Auszubildenden. Der Aufsatz Edmund Frydes, Economic Depression in England in the Second and Third Quarters of the Fifteenth Century: Effective Resistances of Tenants to Landlords as One of its Consequences. Defiances and Rent Strikes (S. 215-226), der sich mit den Jahren 1430-1470 beschäftigt, schließt den Band ab, der einen guten Überblick über die verschiedenen Erscheinungsformen der Gewalt im Mittelalter gibt.

 

Richmond                                                                                                      Susanne Jenks