Banzhaf, Michael, Unterschichten in bayerischen Quellen des 8. bis 11. Jahrhunderts
KöblerBanzhaf2000 Nr. 79 ZRG 118 (2001) Banzhaf, Michael, Unterschichten in bayerischen Quellen des 8. bis 11. Jahrhunderts (= Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 9). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1991. 278 S.
Die Untersuchung ist die mit beträchtlichem Zeitabstand veröffentlichte Fassung einer von Peter Acht betreuten, 1983 in München vorgelegten Dissertation, die bedauerlicherweise nur mit nochmaliger Verspätung kurz vorgestellt werden kann. Sie schließt an die älteren zusammenfassenden Untersuchungen von Gutmann (1906) und Dollinger (1949) an. Ihr Ziel ist die erneute Aufarbeitung der Quellen (normative Texte, Urkunden, Urbare und – wenig aussagekräftige – erzählende Stücke) vor dem Hintergrund umfangreicher Sekundärliteratur, wobei die abhängigen Freien und die Unfreien im Mittelpunkt stehen.
Eingangs befasst Banzhaf sich dabei mit den freien Bauern. Mit Krause zweifelt er nicht an ihrem Bestand, obgleich die urkundliche Überlieferung nicht unerwartet nur schwache Hinweise bietet. Ebenso wenig schließt er Unterdrückung, Verknechtung und Vertreibung aus, ohne sie freilich umfänglich und zeitlich genauer bestimmen zu können.
Die Betrachtung der Freien in sozialer und rechtlicher Hinsicht beginnt er mit einer recht sorgfältigen Übersicht über die bereits im 17. Jahrhundert einsetzende Forschung. Nach eindringlicher, abgewogener Erörterung vieler Einzelfragen gelangt er zu dem Ergebnis, dass sich schon vor dem 9. Jahrhundert vollfreie Bauern in größerer Zahl in die Abhängigkeit der Kirchen begeben haben dürften, während Freilassungen nicht häufig nachweisbar sind. Innerhalb der Freien in sozialer Abhängigkeit vermag er zwei Gruppen zu unterscheiden.
Die sich hieran anschließende Untersuchung der Unfreien gründet er ebenfalls auf eine breit angelegte überzeugende Forschungsübersicht. Als oberste Gruppe der bäuerlich wirtschaftenden Unfreien findet er die nach Barschalkenrecht lebenden Knechte und die in die Unfreiheit abgesunkenen Barschalken, bei denen eine Angleichung zwischen freien Leihenehmern und unfreien Leihenehmern stattfand. Unter ihnen stehen Zensuale und mehr und mehr schwindende Tagewerker.
Zusammenfassend bestätigt er die Vorstellung, dass die Zahl der vollfreien Bauern unter den Bayern langfristig zurückging. Die Zahl der freien Leihenehmer, die zu Anfang des 9. Jahrhunderts innerhalb der allein brauchbar überliefernden kirchlichen Grundherrschaften verhältnismäßig hoch gewesen zu sein scheint, schwindet nach ihm vor allem durch Übergang in die Unfreiheit hauptsächlich im 10. Jahrhundert. Ein gewisser Widerspruch dürfte darin liegen, dass er einerseits feststellt, dass das Sklavenrecht in seiner Härte im wesentlichen bis ins 11. Jahrhundert fortbestand, und andererseits zugleich darauf hinweist, dass die soziale Lage der unfreien Bauern sich bis zum 11. Jahrhundert durch Umwandlung der Dienstleistungspflichten in Abgabenpflichten erkennbar verbessert.
Insgesamt ist die Arbeit ein auch methodisch ansprechend gelungener, manche ältere Einsicht auf Grund selbständiger Auseinandersetzung bestätigender Beitrag zu einem wichtigen, freilich inzwischen nicht mehr unmittelbar im Brennpunkt der Aufmerksamkeit stehenden Fragenkreis.
Innsbruck Gerhard Köbler