Ferz, Sascha, Ewige Universitätsreform

. Das Organisationsrecht der österreichischen Universitäten von den theresianischen Reformen bis zum UOG 1993 (= Rechts- und Sozialwissenschaftliche Reihe 27). Lang, Frankfurt am Main 2000. 572 S. Besprochen von Arno Buschmann.

Ferz, Sascha, Ewige Universitätsreform. Das Organisationsrecht der österreichischen Universitäten von den theresianischen Reformen bis zum UOG 1993 (= Rechts- und Sozialwissenschaftliche Reihe 27). Lang, Frankfurt am Main 2000. 572 S.

 

Die Geschichte der Universitätsreform in Österreich droht immer mehr zu einer unendlichen Geschichte zu mutieren. Seit dem Hochschulorganisationsgesetz (HOG) von 1955 wird permanent an neuen Organisationsformen für die österreichischen Universitäten und Hochschulen gearbeitet, oder soll man besser sagen, „herumexperimentiert“. 20 Jahre nach diesem Gesetz wurde ein neues Organisationsgesetz verabschiedet, das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) von 1975, in dem die sog. Mitbestimmung als Folge der studentischen Revolte von 1968 gemäß einer vielfach verbreiteten Parole dieser Zeit eingeführt und verankert wurde. 1993 wurde erneut ein Universitätsorganisationsgesetz verkündet, das sog. UOG 93, mit dem die Autonomie der Universitäten, auch ein Schlagwort in der ewigen Reformdebatte, in einer limitierten Form zum Gesetz erhoben wurde, dessen neuerliche Reform mit dem Ziel einer vollständigen Verselbständigung der Universitäten sich derzeit in Vorbereitung befindet. Überflüssig zu fragen, welche Auswirkungen diese unablässigen Veränderungen der Universitäten für die Arbeit im akademischen Lehr- und Forschungsbetrieb mit sich bringen. Erleichterung und Förderung der eigentlichen universitären Aufgaben haben jedenfalls, wenn überhaupt, nur peripher stattgefunden.

 

Diese Entwicklung der österreichischen Universitätsgeschichte der jüngsten Zeit sucht der Verfasser der vorliegenden Studie, einer bei Gernot D. Hasiba in Graz angefertigten Dissertation, im einzelnen nachzuzeichnen und in den größeren Zusammenhang der Geschichte der Universitäten in Österreich seit den theresianischen Universitätsreformen einzuordnen. Gleichzeitig unternimmt er den Versuch, dieses Geschehen vor dem Hintergrund der europäischen Universitätsgeschichte zu behandeln, nachdem die Entwicklung in Österreich nicht losgelöst vom übrigen europäischen Geschehen betrachtet werden kann.

 

Entsprechend diesem Grundkonzept beginnt der Verfasser seine Untersuchung mit einem Überblick über die Anfänge der europäischen Universität im Mittelalter, um im Anschluß daran die österreichische Universitätsgeschichte des späten Mittelalters zu behandeln. Es folgt eine ausführliche Darstellung der theresianischen Reformen und der Reformen Josephs II., der ausgleichenden Maßnahmen Leopolds II. und der restaurativen Politik Kaiser Franz II. (I.) bis zu den revolutionären Wirren des Jahres 1848, den anschließenden Reformen Thun-Hohensteins und deren legislative Fixierung im Hochschulorganisationsgesetz von 1873 bis hin zur Novellierung dieses Gesetzes in der Zwischenkriegszeit im Jahre 1922. Behandelt wird auch der Wiederaufbau des österreichischen Universitätswesens nach 1945, namentlich die Entwicklung der Universität Graz, während die Zeit des Nationalsozialismus nur mit zwei Sätzen gestreift wird. Ausführlich beschreibt der Verfasser dagegen die eingangs skizzierte organisatorische Entwicklung der österreichischen Universitäten der jüngsten Vergangenheit, beginnend mit dem Hochschulorganisationsgesetz von 1955 und endend mit dem Universitätsorganisationsgesetz von 1993, während die neuerlichen Veränderungen der Gegenwart nicht mehr behandelt werden konnten.

 

Die Arbeit zeichnet sich durch Klarheit und Genauigkeit der Darstellung, namentlich der zum Teil verwickelten Maßnahmen der theresianischen und josephinischen Zeit, sowie durch eine quellennahe Schilderung im einzelnen aus. Sie zeigt auch die wechselnden politischen und geistigen Einflüsse, denen die Universitäten in Österreich ausgesetzt waren und nach wie vor sind, Einflüsse, die nicht im akademischen Diskurs ihren Ursprung haben, sondern von außen an die Universitäten herangetragen werden. Ob dies zum Nutzen der Universitäten als Stätten von Forschung und Lehre geschehen ist und geschieht, wird man füglich bezweifeln dürfen, obschon ein abschließendes Urteil namentlich über die Reformen der letzten Jahrzehnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gefällt werden kann. Kaderschmieden für Nobelpreisträger sind jedenfalls mit den dauernden Organisationsreformen seit 1955 nicht geschaffen worden, eher das Gegenteil.

 

Salzburg                                                                                                         Arno Buschmann