Tischler, Christiane, Die Burgenses von Jerusalem

im 12. Jahrhundert. Eine Prosopographie über die nichtadligen Einwohner Jerusalems von 1120 bis 1187 (= Studien und Quellen zur Geschichte des Papsttums und der Kreuzzüge 1). Lang, Frankfurt am Main – Berlin – Bern – Brüssel – New York – Oxford – Wien 2000. XIV, 380 S., zahlreiche Tab. Besprochen von Gerhard Dilcher.

Tischler, Christiane, Die Burgenses von Jerusalem im 12. Jahrhundert. Eine Prosopographie über die nichtadligen Einwohner Jerusalems von 1120 bis 1187 (= Studien und Quellen zur Geschichte des Papsttums und der Kreuzzüge 1). Lang, Frankfurt am Main 2000. XIV, 380 S., zahlreiche Tab.

 

Dem westlichen Rechtshistoriker ist über die lateinischen Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land meist nur bekannt, daß sich in ihnen ,koloniale’ Formen des Lehnrechts und des Handelsrechts gebildet haben. Die Dissertation Christiane Tischlers erschließt einen anderen Lebensbereich: Die fränkischen Burgenses bilden eine nichtadlige Schicht von Bewohnern Jerusalems, die von einfachen Handwerkern bis zu ,patrizischen’ Honoratioren reicht. Nach der Eroberung der Heiligen Stadt durch die Kreuzfahrer 1099 treten Angehörige dieses Standes erstmals seit 1120 im Umkreis des von Tischler als nichtadlig eingestuften Vizegrafen Anschetinus (dessen Sohn allerdings als miles erscheint) auf. Neben dem Adelsgerichtshof (Haute Cour) und den entsprechenden Institutionen der Muslime und Juden entwickelt sich aus seit 1124/25 bezeugten Vorformen seit 1149 eine Cour des Bourgeois (auch curia regis). Die Burgenses treten als Geschäftszeugen, als Beisitzer (jurati) sowie als Verfügende und Vertragparteien auf. Durch die Quellenlage mit ihren zahlreichen Zerstörungen und Verlusten standen der Verfasserin vor allem das Chartular des Heiligen Grabes und das Archiv der Johanniter zur Verfügung. Sie kann daraus zwischen 1120 und 1187 (Eroberung Jerusalems durch Saladin) über 400 Personen ermitteln, deren Zugehörigkeit zu den Burgensen bezeugt oder erschlossen ist. Bei einem kleineren Teil von ihnen entsteht aus den Quellen ein lebendiges Gesicht, wie das der streitbaren und geschäftstüchtigen Maria de Sancto Lazaro, die nicht nur ihrer Tochter gegen die Pläne des Priors des Heiligen Grabes eine gute Heirat zu sichern wußte, deren Enkelin dann sogar als Ehefrau eines Vicecomes erscheint. Es ergibt sich das Bild einer Gesellschaft, in der Standesgrenzen zwischen Adel und Burgensen eine geringe Rolle spielen unter einer fränkischen Bevölkerung, deren Grundstücke und Wohnungen sich in bestimmten Quartieren der Stadt konzentrieren.

 

Die Verfasserin hat dem bruchstückhaft überlieferten und kargen Material eine Vielzahl von Informationen und eine Reihe von ansprechenden Persönlichkeitsbildern abgerungen. Informative Tabellen zu den Personen, ihren Tätigkeiten, Verbindungen, zu Grundstückspreisen und Grundstückszinsen erschließen die Ergebnisse in übersichtlicher Weise. Eine wenig bekannte Welt wird auch der Rechtshistorie greifbarer.

 

Königstein/Taunus                                                                                          Gerhard Dilcher