Aerschmann, Stephan, Der ideale Richter

. Schweizer Bundesrichter in der medialen Öffentlichkeit (1875-2010). Chronos, Zürich 2014. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Aerschmann, Stephan, Der ideale Richter. Schweizer Bundesrichter in der medialen Öffentlichkeit (1875-2010). Chronos, Zürich 2014. 276 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Richter als der Mensch, der das zwischen den Menschen Unrichtige nach Möglichkeit von Amts wegen oder auf Antrag richtig oder gerade macht, hat von Anfang an hohe Anforderungen zu erfüllen, die selbst bei Salomo trotz problematischer Entscheidung zu hohem Ruhm geführt haben. Als Richtschnur sind für die vielen seitdem tätigen Richter immer wieder auch Regeln verfasst worden. Gleichwohl wird der ideale, in der Gegenwart überwiegend von den Staaten angestellte und besoldete  Richter wegen der individuellen Menschlichkeit grundsätzlich ein kaum erreichbares Leitbild bleiben müssen.

 

Mit einem Teilaspekt dieser Problematik für die Vergangenheit beschäftigt sich der in Freiburg, Bern und Paris bis 2001 in Geschichte und Philosophie ausgebildete, als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projekts justizforschung.ch wirkende Verfasser in seiner von Carlo Moos betreuten, von Michele Luminati fördernd begleiteten, in dem Frühjahrssemester 2012 von der philosophischen Fakultät der Universität Zürich angenommenen, sehr interessanten Dissertation, deren revidierte Fassung nunmehr im Druck vorliegt. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über das Untersuchungsfeld und den Untersuchungsrahmen in drei Kapitel. Sie betreffen an Hand von insgesamt 207 entweder in Lausanne oder in Luzern tätigen und etwa mehr als 150 im Anhang biographisch dargestellten Richtern Justiz und Politik, Theoretiker und Praktiker sowie die richterliche Tätigkeit.

 

Am Ende bietet der Verfasser ein zusammenfassendes Fazit seiner aus Würdigungstexten bei Tod, Rücktritt, Jubiläum, Geburtstag oder akademischer Ehrung kritisch ermittelten Einsichten und einen Ausblick. Dabei kann er neben einer Vielzahl interessanter Einzelbeobachtungen auch feststellen, dass einige zentrale Vorstellungen in den verwerteten Artikeln auch in den Bundesrichtern selbst sehr präsent waren. Darüber hinaus hält der Verfasser  fest, dass die Wirkmächtigkeit des  herausgearbeiteten Diskurses noch systematischer und genauer untersucht werden müsste, ohne dass freilich stets gesichert werden kann, dass jeder einzelne Richter (auch der Schweizer Bundesgerichtsbarkeit) in jeder Hinsicht ideal sein wird oder von der Allgemeinheit als ideal empfunden können wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler