Yang, Ruomeng, Die Rezeption der europäischen Privatrechte

in China und die konfuzianische Tradition. Das Beispiel des Deliktsrechts im frühen 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 457). Lang Academic Research, Frankfurt am Main 2015. 181 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Yang, Ruomeng, Die Rezeption der europäischen Privatrechte in China und die konfuzianische Tradition. Das Beispiel des Deliktsrechts im frühen 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 457). Lang Academic Research, Frankfurt am Main 2015. 181 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Rezeption ist allgemein die Aufnahme oder Übernahme einer Gegebenheit aus einer ursprünglichen Umgebung in eine neue. Sie ist dem Menschen seit seinen ersten Anfängen völlig selbverständlich und grundsätzlich als solche auch problemfrei. Seit der frühen Neuzeit wird sie im Frühneuhochdeutschen in Rezeption des mittellateinischen Wortes receptio auch als solche bezeichnet und dann seit der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders auf die Verwendung des antiken römischen Rechtes im modernen Recht vieler Staaten Europas und der gesamten Welt verstanden. Im Gegensatz zur Verwertung wenig später urheberrechtlich geschützter Erfindungen und anderer Gegebenheiten ist sie noch immer völlig frei möglich, weshalb weltweit an den unterschiedlichsten Stellen Recht rezipiert wird.

 

Mit einem besonderen Teilbereich dieser allgemeinen Möglichkeit beschäftigt sich die vorliegende, an der Universität Frankfurt am Main im Jahre 2014 angenommene, von Albrecht Cordes empfohlene Dissertation des in China ausgebildeten, am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte fortgebildeten und inzwischen als Research Fellow an Policy Research Office der Regierung der Sonderverwaltungszone Macau in China tätigen Verfassers. Sie gliedert sich außer in eine Einleitung über die Fragestellung, das Untersuchungsziel, die Methode und eine Literaturübersicht sowie ein Ergebnis in vier Sachkapitel. Sie betreffen die auf dem Konfuzianismus als herrschender Ideologie basierenden traditionellen Ordnungen in China, die historische Darstellung der Rechtsreform am Ende der Qing-Dynastie (1904-1911) und die konkrete Analyse der Rezeption auf rechtskultureller wie normativer Ebene.

 

Im Ergebnis gelangt der Verfasser unter Verwertung europäischer wie chinesischer Literatur zu der Einsicht, dass die traditionelle chinesische Rechtskultur nicht vollständig vom westlichen Rechtssystem ersetzt wurde. Zwar herrschte bis zur Fertigstellung des chinesischen Zivilgesetzbuchs das Ziel der Zurückdrängung des einheimischen Rechtes vor, doch wurden im Zivilgesetzbuch auch die lokalen Werte und die chinesische Ethik mit Nachdruck berücksichtigt. Franz Wieacker in der Einsicht folgend, dass jede geschichtliche Begegnung zugleich produktives Missverstehen ist, erhellt die Dissertation das Verständnis des historischen Vorgangs in überzeugender Art und Weise und betont zugleich die Bedeutung der Rechtsrezeption als weiter wichtige Forschungsaufgabe.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler