Essmann-Bode, Claudia, Das Ein- und Zweikammersystem
Essmann-Bode, Claudia, Das Ein- und Zweikammersystem im deutschen Konstitutionalismus. Eine Studie über die Vor- und Frühformen des heutigen Parlamentarismus (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 2 Rechtswissenschaft, Band 5804). Lang, Frankfurt am Main 2016. 398 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Entwicklung von der Monarchie zur Republik auf der Welt nach der französischen Revolution des Jahres 1789 war langwierig und schwierig, weil abgesehen von revolutionären Veränderungen die bisherigen Machthaber ihre Rechte nur ungern aufgaben und die neuen Kräfte auch unterschiedliche Vorstellung von dem Wünschenswerten und Machbaren hatten. Hinzukam, dass die Aufklärung die Idee der Gewaltenteilung entwickelt hatte, die den Grundsatz beherzigte, dass die Gewalt in einer Hand schädlicher ist als die gegenseitige Kontrolle verschiedener Kräfte. Deswegen stellte sich die Frage nach dem grundsätzlichen System für die Legislative auch in den Staaten des Deutschen Bundes in dem früheren 19. Jahrhundert.
Mit dieser interessanten Thematik beschäftigt sich die von Michael Kotulla betreute, in dem Jahre 2015 von der Universität Bielefeld angenommene Dissertation der in Bielefeld ausgebildeten und nach der Ausbildung als Repetitorin, Autorin und Geschäftsführerin tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer Einführung über die Ausgangslage, die Zielsetzung, den Gegenstand und den Aufbau der Arbeit in vier Kapitel. Sie betreffen die Geltung verfassungsrechtlicher Grundprinzipien (monarchisches Prinzip, Stellung des Landtags, Stellung des Monarchen, Stellung der Minister, Artikel 57 der Wiener Schlussakte), das Einkammersystem und das Zweikammersystem im Überblick (England, Frankreich, deutscher Sprachraum) einschließlich des Deutschen Bundes, Vergleich der Verfassungen der Einzelstaaten des Deutschen Bundes (1815-1830, 1831-1847, 1848-1850, 1851-1866) und die Auswertung und den Erkenntnisgewinn der verfassungsvergleichenden Analyse.
Im Ergebnis ihrer detaillierten, gründlichen Untersuchung kann die Verfasserin ansprechend feststellen, dass sich viele frühere verfassungsrechtliche Bestimmungen als Vorformen des heutigen Parlamentarismus verstehen lassen, dass zu dem heutigen Parlamentarismus aber noch Elemente gehören, die es in dem 19. Jahrhundert noch nicht gab. Daraus zieht sie den Schluss, dass es eine kontinuierliche Entwicklung von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis zu dem gegenwärtigen Verständnis des Parlamentarismus nicht gab oder gibt. Aus diesem Grunde bezieht sie sich am Ende bei der Frage der Einkammersysteme und der Zweikammersysteme in ihrer Gesamtheit auf Ernst Rudolf Huber, der diese als „eine selbständige politische Form, ein auf eigenem Boden gegründetes und einer eigenen Wurzel entstammendes politisches Gebilde“ erklärt.
Innsbruck Gerhard Köbler