Die Ernestiner. Politik, Kultur und gesellschaftlicher Wandel

, hg. v. Greiling, Werner/Müller, Gerhard/Schirmer, Uwe/Walther, Helmuth G. (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe 50). Böhlau, Wien 2016. 512 C., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Die Ernestiner. Politik, Kultur und gesellschaftlicher Wandel, hg. v. Greiling, Werner/Müller, Gerhard/Schirmer, Uwe/Walther, Helmuth G. (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe 50). Böhlau, Wien 2016. 512 C., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Ernestiner sind die von dem älteren, 1441 geborenen Sohn Ernst des Kurfürsten und Herzogs Friedrich II. von Sachsen (1412-1464) abstammende Linie der 1423 Sachsen erlangenden Wettiner bzw. Grafen von Wettin. Nach dem Tode Friedrichs II. beherrschte Ernst das Erbe zunächst mit seinem jüngeren Bruder Albrecht gemeinsam, war aber als älterer Sohn Kurfürsten und teilte in Leipzig 1485 mit Albrecht das Gebiet, wobei Dresden Vorort der Güter der (jüngeren albrechtinischen oder) albertinischen Linie wurde. Nach dem schmalkaldischen Krieg übertrug Kaiser Karl V. dem auf seiner Seite kämpfenden Protestanten Moritz von Sachsen die Kurfürstenwürde, womit die ihre Güter vielfach teilende Linie der Ernestiner (Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Gotha, Sachsen-Eisenach, Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Weimar) sehr stark und dauerhaft an politischer Bedeutung verlor, dies aber vor allem als Ahnherren der Reformation durch kulturelle Leistungen und durch Heiratsverbindungen mit vielen führenden Familien Europas (beispielsweise Ahnherren des Königs von Spanien, der Königin der Niederlande und der Königin Großbritanniens) in gewisser Weise ausglich, ohne dass es allerdings vor dem 19. Jahrhundert zu einer einheitlichen Benennung als Ernestiner kam.

 

Der sachgerechten geschichtlichen Würdigung ser bekannten Familie dient der vorliegende gewichtige Sammelband. Er umfasst nach einem Vorwort insgesamt 23 interessante Einzelstudien. Sie setzen mit Georg Schmidts Untersuchung über die Ernestiner und das Reich ein und schließen mit Wolfgang Steguweits numismatischem who is who, das Münzbildnisse und Medaillenbildnisse der Ernestiner von 16.-18. Jahrhundert zusammenstellt und in Tafeln wiedergibt.

 

Die einzelnen, in unterschiedlichen Richtungen weiterführenden Beiträge sind sehr vielfältig. Sie betreffen etwa das dynastische Selbstverständnis im Spiegel der Hausverträge, das Verhältnis zu den Grafen von Henneberg-Schleusingen, die Konflikte mit den Albertinern an dem Beginn des 16. Jahrhunderts, die Kirchenpolitik, die Visitationen, das Herzogtum Franken, den Beitrag zur deutschen Verfassungsgeschichte, die Reichsdefension (1654-1796), Luise Dorothea von Sachsen-Gotha, das Verhältnis zwischen monarchischer Herrschaft und bürgerlicher Gesellschaft im 19. Jahrhundert, Adel und Aristokratie zwischen Aufklärung und Hochmoderne, den Übergang zur Weimarer Republik, die Pressefreiheit, die Universität Jena, die Reichsstaatslehre, Weimar, Wieland, Goethe, Herder und Schiller, die Geschichtspolitik im 19. Jahrhundert, höfische Gärten, Musik aus Italien, das Hoftheater und die Hofkapelle oder die Europäisierung des kulturellen Lebens in dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Ein Personenregister und ein Ortsregister sowie ein Verzeichnis der 24 Autorinnen und Autoren schließen den mit einem Bildnis Kurfürst Ernst auf dem Umschlag geschmückten inhaltsreichen Sammelband benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler