Rymaszewski, Zygfryd, Areszt rzeczy
Rymaszewski, Zygfryd, Areszt rzeczy jako zabezpieczenie wierzytelności w miastach Polski średniowiecznej (Der Sacharrest als Instrument zur Sicherung von Forderungen in den mittelalterlichen Städten Polens). Wydawnictwo Uniwersytetu Łódzkiego: Łódź 2015. 227 S. Besprochen von Inge Bily.
Nach einer umfangreichen Untersuchung zum Gerichtsboten[1] wendet sich Zygfryd Rymaszewski[2] im vorliegenden Band einem weiteren Rechtsinstitut im mittelalterlichen Polen zu, dem Sacharrest. Auch hier wird ein Desiderat der Forschung aufgegriffen, denn, obwohl sich in den Gerichtsbüchern mittelalterlicher polnischer Städte häufig Hinweise auf die Anordnung von Arrest über das Vermögen eines Schuldners finden, hat dieses Rechtsinstitut das Interesse der polnischen Forscher bisher nicht wecken können.
Auf die abgekürzt zitierte Literatur (S. 11-13) folgen andere Abkürzungen (S. 13), das Literaturverzeichnis (S. 15-17) und eine ausführliche Einleitung (S. 19-36). Daran schließen sich 15 Kapitel (S. 37-217) zum Sacharrest in den mittelalterlichen Städten Polens an. Schlussbemerkungen (S. 218-223) und ein ausführliches deutsches Resümee (S. 224-227) runden die Ausführungen benutzerfreundlich ab.
Bei der Analyse folgt der Autor der in seiner Untersuchung zum Gerichtsboten[3] bereits bewährten Struktur und Systematik. Die übersichtliche Gliederung ermöglicht eine gute und schnelle Orientierung, auch Quervergleiche zum Gerichtsboten.
In der Einleitung (S. 19-36) werden Forschungsstand, Untersuchungsmethoden und Untersuchungszeitraum, Quellen, Chronologie und territoriale Aspekte der Bearbeitung vorgestellt, vor allem aber wird der Arrest als Rechtsinstitut mit mehreren Funktionen und auch als Institut des deutschen Rechts beleuchtet. Wie bereits in seiner Untersuchung zum Gerichtsboten, so hat Zygfryd Rymaszewski auch hier eine beachtliche Anzahl mittelalterlicher Quellen ausgewertet, diesmal überwiegend Stadtrechtsbücher, vor allem die Schöffenbücher von Kraków/Krakau, L’viv/Lemberg/Lwów, Poznań/Posen, Toruń/Thorn, Płock, Warszawa/Warschau und Przemyśl. Zu den Quellen sind besonders die Punkte 5. (S. 26), 6. (S. 27-29), 7. (S. 29) und 8. (S. 29-32) der Einleitung zu vergleichen. Untersuchungszeitraum ist wiederum das polnische Mittelalter. Als verbreitet angewandtes Rechtsinstitut findet sich der Arrest hauptsächlich in Gerichtsbüchern aus den Jahren 1370-1480. Erste vereinzelte Erwähnungen sind in Polen bereits im frühen 14. Jh. belegt. Der zeitliche Rahmen der ausgewerteten Quellen wird in der Einleitung auf den Seiten 27 und 28-29 in Tabellen dargestellt. Unter 7. (S. 29) erfolgt eine regionale Zuordnung der Quellen, unter 8. (S. 29-32) werden die ausgewerteten Rechtsbücher – überwiegend Stadtrechtsbücher – auch hinsichtlich ihres sehr unterschiedlichen Informationsgehalts betrachtet.
Die Kapitel 12 und 13 bilden die Hauptteile des Bandes: Kap. 12 (S. 121-163) behandelt das nichtprozessuale Arrestverfahren, Kap. 13 (S. 164-208) den Arrestprozess.
Seine systematische Bearbeitung leitet Zygfryd Rymaszewski mit Ausführungen zur Terminologie des Arrests (Kap. 1: S. 37-45) ein. Neben den in den überwiegend lateinischen Quellen belegten lateinischen, deutschen und polnischen Termini werden auch Mehrdeutigkeit und Umschreibung mittelalterlicher Rechtstermini angesprochen.
Die Forderung nach Arrest ging meist von Eigentümern städtischer Grundstücke, Handwerkern und Kaufleuten aus, sehr selten vom Adel. In den Quellen treten auch Frauen als Gläubiger auf, aber deutlich seltener als Männer, vgl. Kap. 2 (S. 46-52). Als Adressaten der Verhängung des Arrests werden in den untersuchten Stadtbüchern die Eigentümer städtischer Grundstücke sowie Handwerker und Kaufleute genannt. Meistens sind diese jedoch nicht bekannt, besonders dann nicht, wenn der Arrest erst nach dem Tode des Schuldners erhoben wurde. Bauern werden in den Schöffenbüchern im Zusammenhang mit Arrest nicht erwähnt, vgl. Kap. 3 (S. 53-65). Gegenstand des Arrests war das gesamte derzeitige wie auch künftige Vermögen des Schuldners, vgl. Kap. 4 (S. 66-76). Mitunter wurde eigens betont, dass der Arrest bestimmte Teile des Vermögens betraf, z. B. Häuser. Anhand der ausgewerteten Gerichtsdokumente konnte festgestellt werden, dass die Person des Schuldners selbst nicht Gegenstand des Arrests war. Beim Arrest ging es um die Sicherung der Interessen des Gläubigers am Eigentum des Schuldners, vgl. Kap. 5 (S. 77-82). Einblick in die vielfältigen Umstände, die zum Arrest führten, gibt Kap. 6 (S. 83-89). Um den Rechtstitel des Arrests geht es in Kap. 7 (S. 90-92), in Kap. 8 (S. 93-96) um die Summen, die bei der Sicherung der Forderungen durch Arrest eine Rolle spielten, gewöhlich eher geringe Beträge. Wenn mehrere Gläubiger Arrest über dasselbe Vermögen verhängten, entstand die Frage nach der Reihenfolge der Gläubiger und damit nach der Reihenfolge der Befriedigung der Forderungen. Vorrangig wurden die Forderungen des Monarchen berücksichtigt, dann folgte die Stadt, erst danach waren die Zünfte an der Reihe, vgl. Kap. 9 (S. 97-117). Kap. 10 (S. 118-119) nennt Beispiele und mögliche Gründe für eine Abtretung (Zession). Der Vergleich steht im Mittelpunkt von Kap. 11 (S. 120), Kap. 14 (S. 209-214) behandelt den nichtigen Arrest, das abschließende Kap. 15 (S. 215-217) dann den rechtlichen Charakter des Arrests.
In der vorliegenden Arbeit richtet Zygfryd Rymaszewski sein Interesse ganz bewusst auf eine bestimmte Form des Arrests, und zwar auf den Arrest, der auf die Sicherung von Forderungen hinsichtlich des Eigentums des Schuldners abzielt. Im Ergebnis seiner Untersuchung anhand von Material – überwiegend aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts – gewinnt er eine ganze Reihe von Erkenntnissen, auch wenn die Genese des Sacharrests aus den Quellen bisher noch nicht erschlossen werden konnte. In den Texten des sächsisch-magdeburgischen Rechts ist der Sacharrest nicht belegt, d. h. er kann auf dem Weg der Rezeption dieses Rechts nicht nach Polen gelangt sein. Die deutsche Forschung geht davon aus, dass der Sacharrest im (nach deutscher Periodisierung) späten Mittelalter im Ergebnis der Entwicklung der Ware-Geld-Wirtschaft aufkam. Deren Mechanismen wirkten ebenfalls in Polen. In den Quellen tauchen erste Informationen zu Beginn des 14. Jahrhunderts auf, ein Jahrhundert später werden die Belege zahlreicher. Nach den ausgewerteten Quellen zu urteilen, war der Sacharrest in den untersuchten Städten eine häufige Erscheinung.
Die Erklärung über den Arrest musste über einen Gerichtsboten beim Schöffengericht eingereicht werden. Außergerichtlicher Arrest ist kaum belegt. Ein Arrest ohne Zustimmung des Gerichts galt als nichtig und zog gelegentlich sogar Strafen nach sich. Sowohl die Vorschriften des positiven Rechts wie auch die zeitgenössischen Schreiber mahnten zur Zurückhaltung bei der Entscheidung für dieses Rechtsmittel, denn es sollte eigentlich vor allem gegen zahlungsunfähige Schuldner, notorische Verschwender u. s. w. angewandt werden. Ganz anders sah jedoch die Praxis aus, denn der Arrest wurde gegen Eigentümer städtischer Grundstücke, Handwerker und Kaufleute angewandt.
Wie die Information über den Arrest zum Schuldner gelangte, ist bisher nicht genau bekannt. Es gibt Hinweise, dass der Gerichtsbote den Arrest öffentlich bekannt machte. Möglicherweise war dies sogar allgemein üblich. Jedoch könnte auch der Gläubiger den Schuldner inoffiziell über den Arrest informiert haben. Und es gibt ebenfalls Hinweise, dass der Schuldner bei Gericht anwesend war und auch, dass Schuldner und Gläubiger im Verlauf des regulären Arrests Absprachen trafen. Der Arrest begann gewöhnlich mit einer Vorladung des Schuldners vor Gericht. Informationen über den Arrestprozess selbst sind eher selten. Etwa die Hälfte der Urteile fiel jeweils zu ungunsten des Schuldners bzw. des Gläubigers aus.
Unterschieden werden zwei Vorgehensweisen: das außerprozessuale Verfahren und der Arrestprozess. Eingeleitet wurden außerprozessuale Verfahren vor dem Schöffengericht durch die Abgabe einer Erklärung des Gläubigers, welche die Verhängung des Arrests über das Vermögen des Schuldners zum Gegenstand hatte. Diese Erklärung musste am folgenden Gerichtstag wiederholt werden. Am dritten Gerichtstag musste der Schuldner angeklagt werden. Vom Gläubiger wurde die Sicherstellung der Verfahrenskontinuität erwartet (sog. astitio termini). Für die Verhängung des Arrests war die Zustimmung des Schuldners erforderlich.
Die Verhängung des Arrests zog noch nicht die Befriedigung der Forderungen nach sich, sondern stellte lediglich ein Sicherungsinstrument dar. Um die Forderungen geltend machen zu können, musste zuvor der Arrestprozess eingeleitet werden. Üblicherweise begann dieser mit einer Klage gegen den Schuldner. Der im Bereich des Landrechts erforderliche Mahnbrief kam hier jedoch nur selten zur Anwendung.
Die Eintreibung der Forderungen erfolgte bei Immobilien durch die Auflassung der vom Arrest betroffenen Vermögensteile des Schuldners (intromissio) durch den Gläubiger. Bewegliche Sachen wurden dem Gläubiger zugesprochen. Hierzu sind bisher keine Einzelheiten bekannt. Höchstwahrscheinlich musste der Gläubiger, wenn er aus den ihm zugesprochenen Gegenständen mehr Geld bekam als ihm zugestanden hatte, die überschüssige Summe in gerichtliche Verwahrung geben. Falls er nicht die komplette Summe zurück erhielt, konnte er den verbleibenden Teil in einem normalen Prozess geltend machen. Generell stand jeder Partei des Arrestverfahrens, die mit dessen Ausgang nicht zufrieden war, der ordentliche Gerichtsweg offen.
Nach der zweibändigen Untersuchung zum Gerichtsboten hat Zygfryd Rymaszewski nun ein weiteres beachtliches Arbeitsergebnis vorgelegt: eine auf gründlichem und systematischem Studium mittelalterlicher lateinischer Quellen basierende Untersuchung zum Sacharrest. Damit werden erneut Notwendigkeit und Wert monographischer Bearbeitungen historischer Rechtstermini unterstrichen, auch im sprachlichen Vergleich.
Die gut strukturierte und nach einem einheitlichen Grundschema angelegte Arbeit stellt zunächst den gegenwärtigen Stand der Forschung vor, um anschließend die Ergebnisse der eigenen Untersuchung folgen zu lassen. Dabei werden alle Feststellungen durch Quellenstellen belegt und sind damit für den Benutzer jederzeit nachvollziehbar, bis hin zur konkreten Stelle im jeweiligen mittelalterlichen Text. Tabellen und statistische Angaben fassen die Ergebnisse gezielt und übersichtlich präsentiert zusammen. Eine große Zahl von Anmerkungen mit Bezügen zur einschlägigen Literatur rundet die Ausführungen ab. An die soliden Grundlagen der Untersuchung kann bei der dringend notwendigen weiteren Erforschung dieses Rechtsinstituts angeknüpft werden. Erst die Ergebnisse dieser Forschungen werden umfangreichere Vergleiche ermöglichen und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen formulieren lassen, vgl. S. 227. Die angewandte Methode ist auch auf die Bearbeitung anderer Rechtsinstitute des mittelalterlichen Polen übertragbar.
Zu loben ist hier – wie schon bei den Bänden zum Gerichtsboten – erneut die gelungene typographische Gestaltung mit detaillierter Gliederung und zusätzlicher Ordnung der Ausführungen durch unterschiedliche Schriftgrößen von Überschriften und Seitenzahlen. Auch die Gestaltung der Kolumnentitel folgt den beiden Bänden zum Gerichtsboten. Rechtstermini und Wortpaare werden im Text durch Sperrung hervorgehoben.
Ein großes Lob gebührt dem Verlag der Universität Łódź für die Herausgabe dieser grundlegenden und methodisch innovativen Arbeit.
Leipzig Inge Bily
[1] Vgl. Zygfryd Rymaszewski, Z badań nad organizacją sądów prawa polskiego w średniowieczu. Woźny sądowy [Zur Erforschung der Gerichtsorganisation des polnischen Rechts im Mittelalter. Der Gerichtsbote] (= Monografie prawnicze Akademii Leona Koźmińskiego. Historia prawa). Warszawa 2008; ders., Z badań nad organizacją sądów prawa polskiego w średniowieczu. Czynności woźnego sądowego [Zur Erforschung der Gerichtsorganisation des polnischen Rechts im Mittelalter. Die Tätigkeiten des Gerichtsboten] (= Monografie prawnicze Akademii Leona Koźmińskiego. Historia prawa). Warszawa 2010. – Vgl. die Rezension in ZIER-HP-06-2016.
[2] Als einer der Absolventen des Jahrgangs 1948/1949 widmet Zygfryd Rymaszewski das Buch seiner Alma mater, genauer der Fakultät für Recht und Administration an der Universität Łódź.
[3] Vgl. Anm. 1.