Justizpalast Nürnberg

. Ein Ort der Weltgeschichte wird 100 Jahre alt, hg. vom Oberlandesgericht Nürnberg (= Festschrift zum 100. Jahrestag der feierlichen Eröffnung des Justizpalastes in Nürnberg durch König Ludwig III. am 11. September 1916). Oberlandesgericht Nürnberg, Nürnberg 2016. 396 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Justizpalast Nürnberg. Ein Ort der Weltgeschichte wird 100 Jahre alt, hg. vom Oberlandesgericht Nürnberg (= Festschrift zum 100. Jahrestag der feierlichen Eröffnung des Justizpalastes in Nürnberg durch König Ludwig III. am 11. September 1916). Oberlandesgericht Nürnberg, Nürnberg 2016. 396 S.

 

Unter den vielen Orten der Erde nimmt Nürnberg weder von der Größe noch von dem Alter einen herausragenden Platz ein. Dennoch hat es weltweite Bekanntheit nicht zuletzt dadurch erlangt, dass Adolf Hitler unter losem Bezug auf eine mittelalterliche Gestaltung nach München und Weimar die günstig gelegene Stadt zu dem Ort von Reichsparteitagen seiner Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei erhob und nach seiner Selbsttötung die alliierten Siegermächte des zweiten Weltkriegs an dieser Stelle führende deutsche Kriegsverbrecher zur juristischen Verantwortung zu ziehen versuchten. Die damit verbundenen dunklen Schatten stellt der vorliegende, von dem Oberlandesgericht Nürnberg geschaffene Band verantwortungsbewusst in ein übergeordnetes Licht.

 

Gegliedert ist die stattlich gestaltete, durch zahlreiche Abbildungen bereicherte Festschrift nach einem Geleitwort des Präsidenten des Oberlandesgerichts und neun Grußworten bekannter Vertreter von Politik und Recht in sechs Abschnitte. Dabei folgt einer kleinen Chronik des Baues eine vielfältige Baugeschichte des größten Justizgebäudes Bayerns, das mitten im ersten Weltkrieg eröffnet werden konnte. Zum Ort der Weltrechtsgeschichte wurde sein späterer Saal 600 des Schwurgerichts, als es darum ging, gnadenlose Politiker in vordem unbekannter Weise erstmals für ihr Handeln gegen Menschlichkeit und übergeordnete Rechtsgrundsätze zur gerichtlichen wie geschichtlichen Rechenschaft zu ziehen.

 

Daneben stellt das Werk den Justizpalast auch als normalen Platz zur Streitschlichtung, als Strafjustizzentrum und als Arbeitsstätte vor. Notare, Zivilprozess, außergerichtliche Streitbeilegung Rechtsanwälte, Geschäftsverteilung, Handelsregister, Resozialisierung, Laiengerichtsbarkeit, Notlösungen, Justizpressestellen. elektronischer Rechtsverkehr, Staatsanwaltschaft und die Aufgaben und Unterbringung der Gerichte Nürnbergs heute werden zusammen mit zahlreichen weiteren Aspekten in einem vielfältigen modernen Mosaik der insgesamt 37 Autoren des auf Register weitgehend verzichtenden Bandes angesprochen. Insgesamt ein würdiges Jubiläumspräsent für einen eminenten Palast der weltweiten Suche nach überörtlicher und überzeitlicher Gerechtigkeit, dem viele interessierte Leser zu wünschen sind.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler