Finn, Peter/Couvée, Petra, Die Affäre Schiwago
Finn, Peter/Couvée, Petra, Die Affäre Schiwago. Der Kreml, die CIA und der Kampf um ein verbotenes Buch, aus dem Englischen von Orth, Jutta/Pinnow, Jörn. Theiss, Darmstadt 2016. 384 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Moskau 1890 als Sohn eines jüdischen Professors an der Schule für Malerei und einer Pianistin geborene, nach dem Besuch des deutschen Gymnasiums in Philosophie in Moskau und Marburg ausgebildete Boris Pasternak, der sich früh der Poesie verschrieb und zeitweise seinen Lebensunterhalt durch Übersetzungen verdienen musste, verfasste auf der Suche nach einem ganz gewöhnlichen Roman zwischen 1946 und 1955 sein erstes und einziges diesbezügliches Werk. Es erschien zuerst in einer italienischen Übersetzung des dem Agenten von Feltrinelli Editore in der Sowjetunion übergebenen Manuskripts. In der Sowjetunion durfte es erst 1988 veröffentlicht werden.
Mit den dabei ablaufenden dramatischen Geschehnissen beschäftigen sich die beiden Verfasser, die als Redakteur im Ressort Nationale Sicherheit der Washington Post und als Dozentin an der staatlichen Universität in Sankt Petersburg tätig sind. Sie zeigen eindringlich, wie das heimlich außer Landes gebrachte Werk zur Waffe im Kalten Krieg wurde. Das von der Sowjetunion verbotene Werk wird nämlich von der Central Intelligence Agency der Vereinigten Staaten von Amerika in russischer Fassung in den Osten gebracht, um dort das Regime politisch zu schwächen.
Gegliedert ist die spannende, mit Abbildungen und Anmerkungen bereicherte Darstellung nach einem Prolog in sechzehn Kapitel. Sie beginnen mit der Begegnung Pasternaks mit dem Literaturagenten Sergio D’Angelo in Peredelkino am 20. Mai 1956 und schildern auf der Grundlage erstmaliger Einsicht in geheime Akten und verschiedener Gespräche mit Überlebenden die Bedeutung eines literarischen Welterfolgs in den schwierigen politischen Auseinandersetzungen zwischen den wichtigsten Mächten des Kalten Krieges. „Pasternaks Name bedeutete Krieg“, doch wurde dieser erfreulicherweise nur politisch und nicht auch militärisch ausgefochten und endete schließlich am 9. Dezember 1989 dadurch, dass die schwedische Akademie dem Sohn Boris Pasternaks außer dem Inhalt der Telegramme, mit denen der Vater im Oktober 1958 den Nobelpreis für Literatur zunächst angenommen und danach abgelehnt hatte, die Goldmedaille für den Literaturpreis aushändigte.
Innsbruck Gerhard Köbler