Kocka, Jürgen unter Mitarbeit von Schmidt, Jürgen, Arbeiterleben und Arbeiterkultur

. Die Entstehung einer sozialen Klasse (= Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, hg. v. Ritter, Gerhard A., Band 3). Dietz, Bonn 2015. 509 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Kocka, Jürgen unter Mitarbeit von Schmidt, Jürgen, Arbeiterleben und Arbeiterkultur. Die Entstehung einer sozialen Klasse. Dietz, Bonn 2015. 509 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Arbeit als auf die Schaffung von Werten gerichtete körperliche oder geistige Tätigkeit des Menschen hat es wohl seit seiner Entstehung in irgendeiner Form gegeben. Von daher ist es vielleicht auch nicht besonders überraschend, dass die Ableitung Arbeiter schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts in der deutschen Sprache bezeugt ist. Die Entstehung einer sozialen Klasse von Arbeitern lässt sich demgegenüber erst deutlich später feststellen.

 

Mit ihr hat sich der in Haindorf in dem Landkreis Friedland geborene, ab 1960 in Marburg, Wien, Berlin und Chapel Hill in Geschichte, Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie ausgebildete, 1968 in Berlin mit einer Dissertation über Unternehmensverwaltung und Angestelltengesellschaft am Beispiel Siemens 1847-1914 promovierte, 1972 habilitierte und 1973 nach Bielefeld sowie 1988 nach Berlin berufene Verfasser, der mit Hans-Ulrich Wehler die so genannte Bielefelder Schule als historische Sozialwissenschaft gründete, seit vielen Jahren beschäftigt. Bereits 1990 veröffentlichte er dementsprechend als Bände 1 und 2 einer Geschichte der Arbeiter  und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zwei grundlegendes Werke über Unterschichten um 1800 und über Arbeitsverhältnisse und Arbeiterexistenzen. Dem schließt sich nach langen Jahren das gewichtige vorliegende Werk an.

 

Nach einer ausführlichen Einleitung gliedert es sich in insgesamt sechs, während der letzten zwei Jahrzehnte entstandene Kapitel. Sie betreffen Arbeit, Armut und den Beginn ihrer Überwindung, Lebensläufe und Arbeiterfamilien, die Muster der Mobilität, die Arbeiterkultur von der Kindheit über Schule, Kirche und Freizeit bis zu Arbeit und Sprache zwischen Volkskultur, Berufskulturen und bürgerlichem Einfluss sowie den Arbeiter in Gesellschaft und Staat. Der dabei über die Jahre an der Entstehung des Buches Anteil nehmende, wichtige Materialrecherchen beitragende und bei dem Werden eines formalen Buchmanuskripts aus verstreuten Kapiteln entscheidend mithelfende Jürgen Schmidt schreibt den weiteren Anschlussband des von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und der Volkswagenstiftung in Hannover entscheidend geförderten, wichtigen, die Arbeiterbewegung in das zweite Drittel und das dritte Viertel des 19. Jahrhunderts sicher verankernden Grundlagenwerks in eigener Regie.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler