Homosexuelle im Nationalsozialismus
Homosexuelle im Nationalsozialismus. Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945, hg. v. Schwartz, Michael. Oldenbourg, München 2014. 143 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Sexualität ist in der Welt eine vorgegebene Erscheinung, die der Fortpflanzung von Lebewesen dient und zu diesem Zweck mit Reizen und Folgen ausgestattet ist. Das Bestehen zweier unterschiedlicher Geschlechter lässt dabei mit unterschiedlichen Folgen sowohl die Verbindung jeweils Angehöriger der beiden unterschiedlichen Geschlechter wie auch die Verbindung von Angehörigen desselben Geschlechts zu. Wie die Geschichte des Menschen zeigen könnte, könnte die Zivilisation die zweite Möglichkeit fördern oder stützen, jedenfalls lehnte der Nationalsozialismus unter Adolf Hitler sie grundsätzlich entschieden ab.
Dementsprechend greift der vorliegende, von dem 1963 geborenen, als außerplanmäßiger Professor für neuere und neueste Geschichte an der Universität Münster und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Institut für Zeitgeschichte tätigen Michael Schwartz auf Grund eines Workshops im Institut für Zeitgeschichte am 1. Februar 2013 herausgegebene Sammelband eine interessante Thematik auf. Für sie hatte sich ein sachkundiger Rezensent unmittelbar nach dem Erscheinen interessiert. Da der Verlag kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss es leider an dieser Stelle mit wenigen Sätzen des Herausgebers sein Bewenden haben.
Das von 18 (zwischen 1935 und 1985 geborenen) Mitarbeitern geschaffene Werk gliedert sich nach einem Vorwort Jörg Litwinschuhs und Andreas Wirschings und einführenden Bemerkungen des Herausgebers über verfolgte Homosexuelle – oder Lebenssituationen von LSBT*QI* (einem Forschungsfeld im Umbruch) in drei Bereiche. Sie betreffen Grundsatzfragen wie Homosexuellen-Geschichtsschreibung und Subkultur, den NS-Staat als zwangsheterosexuelles/heteronormatives Konstrukt, die Strafverfolgung im NS-Staat und Anmerkungen zum Forschungsstand, einzelne Gruppenperspektiven sowie regionale und lokale Perspektiven. Angesprochen werden dabei etwa Lebenssituationen und Repressionen, Museumsmaßnahmen, schwule Nazis, das Zeichen lesbisch in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern, Männer in Frauenkleidung, Intersex, Mecklenburg, Wien, Hamburg oder München. Möge der leider eines Registers entbehrende konzise Überblick über den aktuellen Stand der Debatte und darüber hinaus breites Interesse finden.
Innsbruck Gerhard Köbler