Quellen zum Lütticher Steinkohlen-Bergbau

im Mittelalter. Urkunden – Register- und Rechnungseinträge – Bergrecht, bearb. v. Kranz, Horst (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 7). Shaker, Herzogenrath 2000. 407 S. Besprochen von Gerhard Köbler. ZRG GA 121 (2004)

Kranz, Horst, Lütticher Steinkohlen-Bergbau im Mittelalter. Aufstieg – Bergrecht – Unternehmer – Umwelt – Technik (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 6). Shaker, Herzogenrath 2000. 454 S.

 

Quellen zum Lütticher Steinkohlen-Bergbau im Mittelalter. Urkunden – Register- und Rechnungseinträge – Bergrecht, bearb. v. Kranz, Horst (= Aachener Studien zur älteren Energiegeschichte 7). Shaker, Herzogenrath 2000. 407 S.

 

Die Arbeit ist eine im Wintersemester 1998 von der philosophischen Fakultät der Technischen Hochschule angenommene, von Dietrich Lohrmann betreute Habilitationsschrift. Ihr Textband beginnt mit einer umfassenden Bestandsaufnahme zur Geschichte des modernen kontinentaleuropäischen, in Europa zeitlich nur hinter Newcastle upon Tyne zurückstehenden Steinkohlenbergbaus. Angesichts der Vielzahl der einschlägigen Quellen beschränkt sich die Zielsetzung der Untersuchung auf die Anfänge im Mittelalter und verweist für die Folgezeit auf mögliche Folgebände.

 

Dieser ansprechenden Einleitung schließt sich eine Beschreibung der Kirchen, Bürgerschaft und Institutionen Lüttichs als der konkreten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an. Danach schildert der Verfasser das Lütticher Revier aus naturwissenschaftlicher Sicht. Auf dieser multidisziplinären Grundlage wendet er sich der geschichtlichen Entwicklung des schon der Antike und Außereuropa bekannten Steinkohlenbergbaus zu. Anscheinend als Folge einer erheblichen Verteuerung des Holzes greift man allmählich auf die literarisch erstmals im Jahr 1195 erwähnte terra nigra als Energiequelle zu. Seit 1305 ist der Bau von Schächten (Buren) bezeugt. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stellen die Beschäftigten des Bergbaus die mitgliederstärkste berufliche Gruppe Lüttichs dar.

 

Dieser wirtschaftliche Erfolg zieht als rechtliche Folge das besondere Bergrecht nach sich, das der Verfasser als nächstes untersucht. Er beginnt mit der normativen Überlieferung der Jahre 1318/1330/1377 und 1487, fragt nach dem Eigentum am Bodenschatz, das dem Grundstückseigentümer zusteht, behandelt das Verfahrensrecht und stellt den Lasten der Unternehmer die Rechte der Konzessionsgeber gegenüber

 

Vertiefend befasst er sich mit den Geschworenen. Er erörtert ihre Qualifikation, Zahl und Amtsdauer ebenso wie ihre Zuständigkeiten. Namentlich ermittelt er für die Zeit zwischen 1315 und 1424 31 Geschworene, von denen er Jean le Coke besonders ausführlich darstellt.

 

Danach behandelt er das technische Problem der Entwässerung, bei dem der Bergbau in Gegensatz zur Wasserversorgung gerät. Anschließend kehrt er zu den Beteiligten zurück und befasst sich mit den Konzessionsgebern und Konzessionsnehmern. Konzessionsgeber sind vor allem Landesherr, Kommune, Kathedrale, Stifte, Klöster und Hospitäler, aber auch Privatleute, Konzessionsnehmer vor allem weltliche Gesellschaften und Einzelpersonen, für die er Rennewar de Montegnée dit du Pont d’Avroy exemplarisch hervorhebt. Danach kehrt er zu den technischen Problemen der Kohle zurück und widmet sich Flözen, Gruben und Tiefen sowie Maßen, Preisen und Mengen. Zum Abschluss bietet er einen Ausblick auf die Technik des Steinkohlebergbaues unter dem ancien régime. Die vielfältigen Ergebnisse der einzelnen Kapitel fasst er am Ende zu einer gelungenen Übersicht mit Ausblick zusammen.

 

Der zweite Band bietet die verwerteten Quellen in einer handlichen Einheit. Er enthält 145 Urkunden der Jahre 1228 bis 1424, zahlreiche Registereinträge und Rechnungseinträge sowie die auf eigenständiger gewohnheitsrechtlicher Entwicklung beruhenden drei Lütticher Bergrechte von 1318/1330, 1377 und 1487. Ausführliche Register runden die auf breiter Literaturgrundlage ruhenden, wichtige neue Einsichten zur Geschichte des europäischen Steinkohlenbergbaus  vermittelnden beiden Bände vorteilhaft ab.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler