Hesse ist, wer Hesse sein will …?

Landesbewusstsein und Identitätspolitik seit 1945. Wissenschaftliche Tagung im hessischen Landtag im November 2016 anlässlich des 70. Jubiläums der Verfassung des Landes Hessen, hg. v. Kartmann, Norbert, Präsident des hessischen Landtags (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Nr. 46). Hessischer Landtag/Historische Kommission für Hessen, Wiesbaden/Marburg 2017. 145 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Hesse ist, wer Hesse sein will …? Landesbewusstsein und Identitätspolitik seit 1945. Wissenschaftliche Tagung im hessischen Landtag im November 2016 anlässlich des 70. Jubiläums der Verfassung des Landes Hessen, hg. v. Kartmann, Norbert, Präsident des hessischen Landtags (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen Nr. 46). Hessischer Landtag/Historische Kommission für Hessen, Wiesbaden/Marburg 2017. 145 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 7 (2017). 81 IT

 

Unter den Menschen sind in der Geschichte Völker und Staaten allmählich wohl ohne übergeordnete rechtliche Eingriffe aus dem tatsächlichen Leben heraus entstanden. Wer, aus welchem Grunde auch immer, von einer erstrebten Gruppe als zugehörig anerkannt wurde, konnte an den mit ihr verbundenen Vorzügen Teil haben. In der Antike war dabei im römischen Recht, die Eigenschaft als civis Romanus bereits ziemlich genau bestimmt, wobei im Vordergrund die natürliche Abstammung stand, aber die Stellung auch bereits durch besondere Willensakte verliehen werden konnte.

 

Im Mittelalter bestimmte anfangs die Zugehörigkeit zu einem Volk, die vor allem an der Sprache erkannt werden konnte, nach dem Personalitätsprinzip das Recht. Aufgeweicht wurde dieser überkommene Grundsatz mit der Territorialisierung an dem Übergang des Frühmittelalters zum Hochmittelalter, an dem das ältere Volksrecht in Landrechte und Stadtrechte zerfiel, wobei das Stadtrecht von Neuankömmlingen unter bestimmten Voraussetzungen besonders erworben werden konnte und in der Folge Schutz durch die gesamte Stadt versprach. Die überwölbende Staatsangehörigkeit erscheint nach älteren frühneuzeitlichen Vorläufern in Frankreich 1791 und in dem Heiligen römischen Reich nach 1800, wobei nach dem Vorbild der Artikel 9-21 des Code civil Frankreichs von 1804 allgemein allmählich eine gesetzliche Regulierung erfolgt.

 

Seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert hat sich unter dem Einfluss der vorhergehenden Kolonialpolitik der europäischen, durch zivilisatorische Entwicklungen den Rest der Welt beherrschenden Mächte und des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts eine allgemeine Globalisierung ergeben, die zusammen mit der gesellschaftlichen Bevorzugung des Genusses zu Lasten der Anstrengung zu einer Überalterung und zu einem Ausbluten der bisherigen Völker geführt hat. Angelockt durch die günstigeren Lebensbedingungen der industriellen Welt und politische Verheißungen zu Lasten anderer ist eine Migration bisher unbekannten Ausmaßes von dem Rest der Welt in die Mitliedstaaten der Europäischen Union eingetreten. Mit ihren Auswirkungen befasste sich eine wissenschaftliche Tagung in dem hessischen Landtag in dem November 2016 anlässlich des 70. Jubiläums der Verfassung des Landes Hessen, deren neun Referate dreier Sektionen der vorliegende schlanke Band nach Begrüßung, Grußwort und Einführung durch Eckart Conze der Allgemeinheit unter der Frage „Hesse ist, wer Hesse sein will …?“, der Allgemeinheit zusammen mit der Abschlussdiskussion zur Forschungslandschaft, Bildungslandschaft und Medienlandschaft zur Verfügung stellt, ohne dass sich freilich der gesamte weitere Fortgang Hessens, der Hessen und vieler anderer Einheiten mit ausreichender Sicherheit jenseits der alten Erkenntnis des ständigen Fließens aller Dinge ausreichend sicher vorhersehen lässt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler