Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“

– Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Schroeder, Klaus-Peter, „Sie haben kaum Chancen, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden“ – Die Heidelberger juristische Fakultät und ihre Mitglieder jüdischer Herkunft (= Heidelberger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 16). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 372 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Beziehung des Menschen zu seinen Mitmenschen ist wie vieler anderer Lebewesen ambivalent. Einerseits kann er ohne sie nicht wirklich bestehen. Andererseits bewirkt seine  Individualität stets auch den Vergleich und den Wettbewerb sowie die Abgrenzung bis hin zur Vernichtung.

 

Mit einem besonderen Aspekt dieser Problematik befasst sich das vorliegende Buch des Verfassers, der sich nach dem Ende seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der führenden deutschen juristischen Ausbildungszeitschrift mehr und mehr der Geschichteder Heidelberger juristischen Fakultät zugewendet hat. Es hat unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse mehrerer sachkundiger Rezensenten erweckt. Da bisher kein Rezensionsexemplar verfügbar ist, muss es an dieser Stelle vorläufig genügen, allgemein darauf aufmerksam zu machen.

 

Der Verfasser geht bei seiner wichtigen Studie davon aus, dass mit dem Tode des in die Vereinigten Staaten von Amerika emigrierten Romanisten Ernst Levy 1968 eine der großartigsten Epochen der Heidelberger Fakultätsgeschichte ihren definitiven Abschluss fand. Auf dieser Grundlage ergänzt er die bereits 2011 vorgelegte Geschichte der Heidelberger juristischen Fakultät im 19. und 20. Jahrhundert um eine vertiefende Darstellung der herausragenden Leistungen, welche die Rechtsgelehrten jüdischer Abstammung für ihre Heidelberger Fakultät erbracht haben. Gegliedert ist der elegant gehaltene Band nach einer Einleitung über die Stadt, ihre Universität und die Juden in drei Kapitel  über die Judenemanzipation im Großherzogtum Baden (Sigmund Zimmern, Eduard Gans, Gabriel Riesser, Heinrich Bernhard Oppenheim, Alexander Friedländer, Heinrich Dernburg, Georg Michael Asher, Levin Goldschmidt, Paul Laband), die juristische Fakultät im Kaiserreich (Siegfried Brie, Edgar Loening, Max Cohn, Richard Loening, Georg Ludwig Cohn, Julius Karl Hatschek, Leopold Perels, Georg Jellinek, Karl August Heinsheimer, Otto Gradenwitz) und das tödliche Ende einer vermeintlichen Symbiose (Arnold Ruge, Paul Lenard, Julius Gumbel, Ernst Levy, Walter Jellinek, Friedrich Ludwig Wilhelm Darmstaedter), an deren Schluss Betrachtungen über die „jüdisch versippten“ Hochschullehrer (Eberhard Freiherr von Künßberg, Karl Geiler und Max Gutzwiller) stehen, so dass mehr als siebzig Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs insgesamt rund 30 bedeutsamen Angehörigen der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg unter Verwendung auch ungedruckten Materials in eindrucksvoller Weise  ehrend gedacht wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler