Peters, Karl-Heinz, Von der Gemeinnützigkeit zum Profit
KöblerPetersvondergemeinnützigkeitzumprofit20170412 Nr. 16384 ZIER 7 (2017) 82. IT
Peters, Karl-Heinz, Von der Gemeinnützigkeit zum Profit. Privatisierungsopfer Gehag – Herausforderung für alternative Wohnungspolitik, mit einem Vorwort von Holm, Andrej. VSA-Verlag, Hamburg 2016. 118 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Trotz der unfasslichen Weite des Universums sind die von Menschen angestrebten Güter auf der Erde knapp. Der zwischenmenschliche Wettbewerb um sie hat in der geschichtlichen Entwicklung zu ihrer ungleichen Verteilung geführt. Deswegen gibt es seit langer Zeit für viele Menschen zu wenig Wohnraum zu erschwinglichen Preisen an begehrten Orten.
Aus diesem Grunde hat sich neben einer profitorientierten Baupolitik einzelner Unternehmer seit dem 19. Jahrhundert auch eine gemeinnützige Wohnungspolitik sozialer Orientierung entwickelt. Der 1912 geborene Verfasser beschreibt in dem vorliegenden Band im Alter von 104 Jahren kurz vor seinem Tode die Geschichte der 1924 gegründeten Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft (Gehag) in Berlin, die nach dem Vorwort eng mit dem Wirken des Stadtbaurats Martin Wagner verbunden war, der das städtebauliche Ideal der Gartenbaustadt verfolgte und mittels des 1920 ins Leben gerufenen gewerkschaftsnahen Verbands sozialer Baubetriebe das Allgemeinwohl zu fördern versuchte. Die Gehag errichtete unter Martin Wagner und seinen Nachfolgern als Tochtergesellschaft der von verschiedenen Gewerkschaften, Verbänden und Genossenschaften geschaffenen Deutschen Wohnfürsorge AG für Beamte, Angestellte und Arbeiter (Dewog) bis 1932 mehr als 10000 Wohnungen, wurde aber nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten der Deutschen Arbeitsfront untergeordnet.
Der Verfasser wurde 1951 Notvorstand der wiederbelebten Gehag, 1953 alleinvertretungsberechtigter Vorstand. In zwölf Abschnitten über das zeitgenössische Umfeld, Gründung und Gründer, städtebauliche Leistungen zwischen 1924 und 1933, Beschränkungen und Ende zwischen 1933 und 1945, Wiederaufbau und Neubau zwischen 1953 und 1960, die Wohnanlage in Aachen-Bildchen, die Gropiusstadt, Gehag und Neue Heimat, die Aufgabe der DAG, den Wechsel im Vorstand sowie Odyssee und Untergang schildert er, wie auf politischen Druck der Privatwirtschaft die für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft geltenden Steuerbefreiungen gesetzlich zum 31. Dezember 1998 beseitigt wurden, die Gehag 1998 und 2001 von dem Lande Berlin als Mehrheitsaktionär an das 1996 gegründete größte private Wohnungsunternehmen in Berlin (Deutsches Wohnen) verkauft und am 3. Juli die Gehag Gemeinnützige Heimstätten AG nach langem Siechtum beendet wurde. Am Ende plädiert er auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen entschieden und eindrucksvoll gegen die damit begünstigte liberalistische, aber sozialschädliche Portfoliomaximierung und Renditemaximierung, der gegenüber eine gründliche Änderung der Wohnungspolitik zu Gunsten der sozial Schwachen erforderlich ist.
Innsbruck Gerhard Köbler