Koselleck, Reinhart, Europäische Umrisse deutscher Geschichte

*Koselleck, Reinhart, Europäische Umrisse deutscher Geschichte. Manutius, Heidelberg 1999. Besprochen von Gunther Wolf. ZRG GA 118 (2001)

WolfKoselleck20000201 Nr. 1256 ZRG 118 (2001)

 

 

Koselleck, Reinhart, Europäische Umrisse deutscher Geschichte. Manutius, Heidelberg 1999. 79 S.

Das Bändchen enthält zwei Aufsätze: „Wie europäisch war die Revolution von 1848/49“ und „Deutschland ‑ eine verspätete Nation?“ Beide Essays versuchen die angesprochenen Konflikte als gemeinsame in Europa einzuordnen Kontraste und Konvergenzen zu sichten und Deutungsangebote zu geben. Der erste Essay wurde auch als Eröffnungsvorlesung der Konferenz am 20. Februar 1998 im University College London gehalten. Der zweite erschien 1998 in der Zeitschrift „Leven met Duisland“ in Amsterdam. Dennoch ist es verdienstlich, dass die beiden Essays jetzt in deutscher Sprache vorliegen.

Der erste Essay versucht die „Revolution“ von 1848/49 aus dem europäischen historischen Kontext heraus zu interpretieren. Als Ergbnis bietet Koselleck an, dass Europa1848/49 erstmals und letztmals eine gemeinsame Revolution ausgelöst und erfahren habe. Dies verweise auf föderale Lösungen, wo bisher nationale dies blockiert und erschwert hätten. Dabei werden viele erwägenswerte Überlegungen angestellt, wie man das von einem Historiker vom Range eines Reinhart Koselleck nicht anders erwartet.

Der zweite Essay ist womöglich noch gewichtiger: er setzt sich grundlegend mit der Behauptung eines „Deutschen Sonderweges“ auseinander, um ihn am Ende zu verneinen. Ausgehend von dem 1935 in der Schweiz erschienenen Buch Helmuth Plessners „Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche“ und den Büchern von Edmund Husserl (Belgrad 1936) „Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie“ und Karl Löwith (1939 Japan) „Von Hegel zu Nietzsche“ legt Koselleck in bestechender Deduktion dar, dass es eben keinen „deutschen Sonderweg“ gegeben habe, und dass der Satz von der „verspäteten Nation“ ein apologetischer Mythos sei.

Gerade diese Behauptungen aber haben in neuerer Zeit viel Unheil angerichtet und als „Entschuldigung“ für manches gedient. Desto verdienstlicher ist es, dass Koselleck seine Untersuchungen angestellt und ein einleuchtendes Ergebnis vorgestellt hat.

Heidelberg                                                                                                                    Gunther Wolf