Recht und Kultur im frühmittelalterlichen Alemannien
Recht und Kultur im frühmittelalterlichen Alemannien. Rechtsgeschichte, Archäologie und Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts, hg. v. Brather, Sebastian (= Rellexikon der germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände 102). De Gruyter, Berlin 2017. 348 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Alemannen sind ein wohl an dem Ende des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts vor allem aus elbgermanischen Sueben gebildeter, in dem 3. Jahrhundert erstmals erwähnter germanischer Stamm, der 259/260 den Limes der Römer durchbricht und das Gebiet an dem oberen Rhein besiedelt. 496/497 unterliegen sie unter einem König den Franken, deren König 746 ihr Herzogtum endgültig beseitigt. Christianisiert und mit einem eigenen, in dem 6. und 7. Jahrhundert aufgezeichneten Recht versehen, leben sie in den späteren Ländern Schwaben, Elsass, vielen Kantonen der Schweiz, Liechtenstein und Vorarlberg mit einer eigenen Umgangssprache fort.
Von dem 11. bis 13. Juli 2013 fand in Freiburg im Breisgau eine Tagung über alemannisches Recht und alltägliches Leben – Das frühe Mittelalter im interdisziplinären Gespräch statt. Veranstaltet wurde sie von dem 1984 gegründeten Forschungsverbund Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends in Südwestdeutschland, in dem die frühe Archäologie und die mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte an der Universität Freiburg verbunden sind. Die dortigen 14 Referate stellt der in fünf Abteilungen gegliederte Sammelband gedruckt der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Im Einzelnen betrachtet dabei nach einer Einführung des Herausgebers Heiko Steuer die Alamannia vom 6. bis 8. Jahrhundert aus Sicht der Archäologie, aus der die Alamannia nur eine Konstruktion ist, und Dieter Geuenich Geschichte, Sprache und räumliche Ausdehnung der Alemannen im 7. und frühen 8. Jahrhundert, wobei er darauf hinweist, dass die Sprachwissenschaft über keine gesicherte Methode verfügt, den Raum der Alamannia vor dem Ende des älteren alemannischen Herzogtums (746) zu bestimmen. Anschließend untersucht Eva Schumann die Leges aus rechtshistorischer Sicht, Clausdieter Schott die Entstehung und Überlieferung von Pactus Alamannorum und Lex Alamannorum, Steffen Patzold die Frage einer Fälschung der Lex durch Mönche der Reichenau und Wolfgang Haubrichs volkssprachliche Wörter der Lex. Weitere Studien beleuchten die Sozialstruktur an Hand der Gräber, die Graböffnung, die Siedlungsformen domus, casa und curtis, Haus und Hof in dem archäologischen Befund Süddeutschlands, den Glauben im Spiegel der Leges und das frühe Christentum, wobei der Herausgeber am Ende eine differenzierende vorsichtige Zusammenfassung von Rechtsgeschichte, Archäologie und Geschichte des 7. und 8. Jahrhunderts bietet und das ansprechende, vielfältige Werk schließlich durch Register der Namen und Orte benutzerfreundlich abgerundet wird.
Innsbruck Gerhard Köbler