Kirchheimer, Otto, Gesammelte Schriften. Band 2

Faschismus, Demokratie und Kapitalismus, hg. v. Buchstein, Hubertus/Hochstein, Henning, unter Mitarbeit v. Klingsporn, Lisa/Langfeldt, Moritz/Peetz, Merete/Schmider, Eike Christian. Nomos, Baden-Baden 2018. 515 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Kirchheimer, Otto, Gesammelte Schriften. Band 2 Faschismus, Demokratie und Kapitalismus, hg. v. Buchstein, Hubertus/Hochstein, Henning, unter Mitarbeit v. Klingsporn, Lisa/Langfeldt, Moritz/Peetz, Merete/Schmider, Eike Christian. Nomos, Baden-Baden 2018. 515 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Otto Kirchheimer wurde in Heilbronn an dem Neckar an dem 11. November 1905 in einer jüdischen Familie geboren und studierte nach dem Schulbesuch in seiner Heimatstadt, in Heidelberg und Ettenheim Rechtswissenschaft und Soziologie an den Universitäten München, Köln, Berlin und Bonn. 1928 promovierte er an der Universität Bonn bei Carl Schmitt mit einer Dissertation zur Staatslehre des Sozialismus und Bolschewismus mit magna cum laude und galt bald als ein Lieblingsschüler Schmitts. 1930 wurde er Mitarbeiter der sozialdemokratischen Zeitschrift die Gesellschaft, wurde früh inhaftiert und floh nach der Haftentlassung von dem 22. Mai 1933 als Wanderer getarnt nahe Trier in dem Juni 1933 über die grüne Grenze nach Luxemburg und von dort nach Paris, wo er unter großen Schwierigkeiten zumindest vorläufig unterkam.

 

Bald danach brach er mit Carl Schmitt und emigrierte an seinem 32. Geburtstag in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er langen schweren Jahren 1960 Professor für Political Science an der Columbia University wurde, aber wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag nach einem Herzanfall in Washington starb. Sein reiches wissenschaftliches Erbe fassen nunmehr die Herausgeber in einer auf sechs Bände angelegten Edition zusammen. Dem 2017 erschienenen ersten Band folgt nach erfreulich kurzer Zeit der zweite Band mit den Arbeiten, die in der Zeit von der Flucht aus Deutschland bis zu der Verleihung der Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in dem November 1943 entstanden.

 

Hubertus Buchstein beschreibt in der Einleitung diese Zeit bewegend und detailgetreu in sechs Gliederungspunkten über Schriften aus dem Londoner und Pariser Exil, contra Carl Schmitt, Leben und Arbeiten in Paris und Übersiedelung in die Vereinigten Staaten von Amerika, Beiträge zu der Faschismusdebatte an dem Institute of Social Research, Antisemitismus und katholische Kirche sowie parlamentarisches Regieren in der Demokratie. Die insgesamt 25 vielfältigen Studien beginnen mit einer Untersuchung zur Geschichte des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten von Amerika und enden mit einer Rezension zu Guenter Lewys The Catholic Church and the State. Dabei werden etwa die Theorie der nationalen Souveränität, das Staatsgefüge und Recht des dritten Reiches, die Rechtsprechung des Conseil d’Ètat, die französische Verfassungsreformdebatte, die nationalsozialistische Völkerrechtstheorie, die Juden und Europa, der autoritäre Staat, das ausländische Verwaltungsrecht der Gegenwart, der Funktionswandel in dem Bankgewerbe, das Verfassungsrecht Frankreichs, der Strukturwandel des politischen Kompromisses, die Rechtsordnung des Nationalsozialismus, die Souveränität oder auch Heroes in Hitler’s Ghettos  sowie vieles mehr behandelt. Möge durch die neue Ausgabe der Einfallsreichtum eines der originellsten deutschjüdischen Autoren der politiktheoretischen und rechtstheoretischen Emigration der nationalsozialistisch beherrschten Zeit viele neue Leser finden.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler