Heinemann, Patrick Oliver, Rechtsgeschichte der Reichswehr 1918-1933
Heinemann, Patrick Oliver, Rechtsgeschichte der Reichswehr 1918-1933 (= Krieg in der Geschichte 105). Schöningh, Paderborn 2017. 424 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Reichswehr ist die Bezeichnung des durch den Versailler Vertrag zwischen den Siegermächten des ersten Weltkriegs und dem Deutschen Reich von dem 28. 6. 1919 auf 100000 Mann beschränkten Heeres des zweiten Deutschen Reiches. In dem März des Jahres 1921 legte ein Gesetz den amtlichen Namen Reichswehr für die ab 1919 als vorläufige Reichswehr bezeichneten Streitkräfte fest. Die Reichswehr war ein Berufsheer.
Mit der besonderen Rechtsgeschichte der Reichswehr beschäftigt sich die von Bernd Kannowski betreute, 2016 an der Universität Bayreuth angenommene Dissertation des als Hauptmann d. R. fungierenden, in Berlin und Freiburg im Breisgau rechtswissenschaftlich ausgebildeten, von 2012 bis 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter seines Betreuers tätigen, seit 2017 als Rechtsanwalt in Freiburg im Breisgau wirkenden Verfassers. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung über die Gründe einer Rechtsgeschichte der Reichswehr – die Rechtsgeschichte der Reichswehr ist zu einem nicht unwesentlichen Teil auch die Geschichte des Scheiterns der ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland -, die Reichswehr als paralegalen Staat im Staate, die Methode und den Forschungsstand in acht Abschnitte. Sie betreffen in gemischter zeitlich-sachlicher Ordnung die Entstehung der Weimarer Wehrverfassung, die Grundlagen des soldatischen Dienstverhältnisses, die politischen und bürgerlichen Grundrechte, das Militärstrafrecht, das Disziplinarstrafrecht als Prothese, den Ehrenschutz, den Rechtsschutz und die Spätphase und den Untergang der Republik.
Im Ergebnis sieht der Verfasser überzeugend die Wurzeln der Tendenz der Reichswehr zu einer Paralegalität in der hergebrachten preußischen bzw. deutschen Sonderstellung des Heeres in dem Staat, in ausnahmerechtlichen Einsätzen im Inneren und in der völkerrechtwidrigen geheimen Aufrüstung. Nach seiner Ansicht hat sich die Weimarer Wehrverfassung in keiner Richtung bewährt, weil sie weder integrierte noch den Nationalsozialismus verhinderte. Wegen der davon abweichenden gegenwärtigen Grundgegebenheiten ist das Entstehen eines paralegalen Staates in dem Staate Bundesrepublik Deutschland jedenfalls auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.
Innsbruck Gerhard Köbler