Kertscher, Hans-Joachim, Er brachte Licht und Ordnung in die Welt.

Christian Wolff – eine Biographie. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2018. VIII, 312 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Christian Wolff wurde in Breslau 1679 als Sohn eines Gerbers geboren und nach dem 1699 aufgenommenen Studium von Theologie, Mathematik, Physik, Philosophie und Recht in Jena und 1702 in Leipzig unter Leibniz 1703 Lehrer der Philosophie in Leipzig. Rasch entwickelte er sich zu einem führenden Vertreter der Aufklärung, der große Teile Europas in seinen Bann zog. Auf der Grundlage der Lehren Leibnizs wie des Gedankens, dass der angeboren freie und gleiche Mensch verpflichtet sei, nach Vollkommenheit zu streben, stellt er vor allem auch in 1713 beginnenden deutschsprachigen, dann seit 1728 in lateinischen Veröffentlichungen sowie anscheinend in allmählicher Entwicklung durch Ableitung aus wenigen Grundsätzen ein geschlossenes System naturrechtlicher Sätze insgesamt auf (Ius  naturae methodo scientifica pertractatum).

 

Mit diesem frühneuzeitlichen Gelehrten beschäftigt sich die vorliegende Biographie des in Halle 1944 als Sohn eines Tischlers geborenen, nach dem Abitur als Schriftsetzer und danach von 1964 bis 1966 und von 1969 bis 1973 in Jena und Halle-Wittenberg in Germanistik und Geschichte ausgebildeten, mit einer Dissertation über die Lessing-Rezeption in der Deutschen Demokratischen Republik promovierten, 1987 mit einer Schrift über Prometheus – Mythos und Stoff in der Literaturgeschichte habilitierten und seit 1990 als Hochschullehrer an dem interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung in Halle-Wittenberg tätigen Verfassers. Dabei untersucht er in sieben Kapiteln Wolffs Leben in Breslau, Jena, Leipzig, Halle, Marburg und nochmals Halle. Zwar ist die Quellenlage nicht sehr reich, doch kann der Verfasser Briefwechsel neu nutzen und die Erkenntnisse der jüngeren Forschung zu einem Gesamtbild vereinen.

 

Wolffs Streben nach einer wissenschaftlichen Grundlegung der Theologie bewirkte nach einer Festrede über die Übereinstimmungen zwischen chinesischen Tugendlehre und seiner Moralphilosophie einen erbitterten Streit, den Friedrich Wilhelm I 1723 dadurch zu lösen versuchte, dass er Wolff befahl, das Land binnen 48 Stunden zu verlassen, worauf Wolff nach Marburg floh, wo er nach Einschätzung Immanuel Kants zu dem Urheber des Geistes der Gründlichkeit in Deutschland wurde. Obwohl er dadurch europäische Aufmerksamkeit gewann, waren seine weitläufigen Beweisführungen bei seiner Rückberufung nach Halle 1740 nicht mehr gefragt. Erst durch die neueren Forschungen seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird nachdrücklich wieder an die bedeutenden Verdienste des großen Juristen erinnert, wozu auch das vorliegende Werk eindrucksvoll beiträgt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler