Die Neuerfindung Europas
Bekanntlich ist das Universum seit seinen ersten Anfängen in ständiger Bewegung und dementsprechend immer nur in jeweiligen Zeitpunkten mehr oder weniger fest. Darauf versucht der Mensch seit seiner Entwicklung in dem Rahmen seiner Möglichkeiten Einfluss zu nehmen, was ihm bisher auf Grund seiner geringen Maße und Fähigkeiten nur in bescheidener Weise gelingt. Immerhin kann er nach den Vorstellungen der Herausgeber des vorliegenden Sammelbands die Neuerfindung Europas angehen, auch wenn bisher selbst der naturgegebene Subkontinent Europa als Einheit nur von begrenzter Bedeutung sein konnte.
Mit einem besonderen Aspekt Europas beschäftigt sich der vorliegende, 14 einzelne Beiträge enthaltende Sammelband, der aus der vierten Tagung des Gesprächskreises Recht und Politik in der Europäischen Union hervorging, die in Berlin von dem 17. bis zu dem 29. April 2017 auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung abgehalten werden konnte. Er folgt Überlegungen über Strukturfragen der Europäischen Union (2009), über Grenzen der europäischen Integration (2011) und Modelle des Parlamentarismus im 21. Jahrhundert (2014). Ausgangspunkt sollte die Frage sein, wie ein Narrativ entsteht und welche Funktion es in dem Integrationsprozess hat.
In diesem Rahmen eröffnet der in Bremen in dem öffentlichen Recht tätige erste Herausgeber den Band mit der Frage nach Narrativen für Europa. Anschließend werden Suchen nach einem verlorenen Europanarrativ, Interventionen der Erzählforschung, die neue Erfindung Europas, nationale Identitäten, Probleme und Entwicklungslinien in der Grundbegrifflichkeit des Europarechts, die Wertegemeinschaft, die Rechtsgemeinschaft, der soziale Wohlfahrtsstaat, die ever closer union, Möglichkeiten und Grenzen von Verfassungspluralismus in der Krise der Europäischen Union, die Möglichkeiten einer Narrativkur, Reliquien, Präambeln, Gerichtshöfe und andere europäische Besonderheiten und Gründe für die Notwendigkeit einer realistischen und nachhaltigen Fortentwicklung der Europäischen Union erörtert. An dem Ende des Bandes gelangt dabei Peter M. Huber zu der Ansicht, dass an dem derzeitigen Scheideweg vorsichtig neu ausgerichtet der Verbund der Europäischen Union zu einer überzeugenden Bewältigung künftiger Herausforderungen beitragen und Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung sowie Solidarität in europäischer Art fördern könnte, selbst wenn in dem bedeutenden Großbritannien die Sinnhaftigkeit der Europäischen Union in der Gegenwart in Frage gestellt ist und der Mensch grundsätzlich sich an seinem persönlichen Vorteil orientiert.
Innsbruck Gerhard Köbler