Bowersock, Glen W., Die Wiege des Islam.

Mohammed, der Koran und die antiken Kulturen, aus dem Englischen von Seuß, Rita. Beck, München 2019. 160 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. Anzeige in ZIER 9 (2019)

Nach einer von Informatikern der Vereinigten Staaten von Amerika auf Grund von Zugriffen auf Wikipedia und Google ermittelten Liste der wichtigsten Menschen der Geschichte nimmt hinter Jesus, Napoleon und William Shakespeare Mohammed die vierte Stelle ein. Dies beruht darauf, dass der in Mekka zwischen 570 und 573 geborene, in Medina an dem 8. Juni 632 gestorbene Abū l-Qāsim Muḥammad bin ʿAbdallāh bin ʿAbd al-Muṭṭalib bin Hāšim bin ʿAbd Manāf al-Qurašī in Kenntnis des Judentums und des Christentums eine neue Religion gestiftet hat, die in der Gegenwart mehr als 1,8 Milliarden Anhänger zählt. Sie ist damit die zweitgrößte menschliche Organisation.

 

Über sie finden sich in Wikipedia etwa 731000000 Ergebnisse, die das große weltweite Interesse an ihr nachdrücklich bezeugen. Deshalb verdient eine kurze neue Beschreibung ihrer Entstehung großes Interesse. Der in Providence 1936 geborene, in Harvard 1957 den Bachelor, in Oxford 1959 den Bachelor in Literae humaniores erwerbende, 1962 sein Studium mit dem Master und der Promotion abschließende, ab 1960 alte Geschichte in Oxford, ab 1962 klassische Philologie und alte Geschichte in Harvard sowie ab 1980 bis zu seiner Emeritierung 2006 in Princeton lehrende Verfasser bietet sie auf der Grundlage von mehr als 300 Studien in selbständiger, weiterführender Weise.

 

Gegliedert ist das schlanke Werk nach einem Prolog in neun Abschnitte. Sie betreffen das arabische Reich des Königs Abrahas, den arabischen Paganismus in der Spätantike, das spätantike Mekka, Äthiopien und Arabien, die Perser in Jerusalem, Mohammed und Medina, das Interregnum der vier Kalifen, eine neue Ordnung und den Felsendom in Jerusalem. In seinen Ergebnissen kann der Verfasser eindrucksvoll zeigen, dass die Verhältnisse in Arabien vor der Stiftung des Islam durch Mohammed sehr verwickelt waren und dass sich Mohammeds neue Religion auch ohne Gewalt auf Grund ihrer inneren, den Bedürfnissen der Anhänger entsprechenden Überzeugungskraft rasch ausbreiten konnte, obgleich das, was Mohammed unter dem Namen Islam der Welt vermachte, sich in einem Milieu entwickelte, in dem sich Glaubenslehren und Glaubenstraditionen vermischten, die eigentlich nicht miteinander vereinbar waren.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler