„So war der deutsche Landser …“.
Die Erfahrung zeigt, dass wohl von jeher jeder Mensch grundsätzlich niemanden anderen höher schätzt als sich selbst. Dementsprechend ist er auch bestrebt, seine Eigenwahrnehmung eher anderen zu vermitteln, als die Fremdwahrnehmung anderer zu übernehmen, so wenig er die Fremdwahrnehmung anderer auch in der Wirklichkeit zu verhindern vermag. Dies gilt zwar grundsätzlich in erster Linie für den Einzelnen, hat aber auch Bedeutung für das aus den Bildern vieler Einzelner zusammengesetzte Bild von menschlichen Gesamtheiten und hieraus geschaffenen Einzeltypen.
Mit dem besonderen Bild des deutschen Landsers als idealtypischen Angehörigen der Wehrmacht des nationalsozialistisch beherrschten Deutschen Reiches der Jahre von 1933 bis 1945 und seinen Nachwirkungen von 1945 bis heute beschäftigt sich der von Jens Westemeier von dem Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsklinik Aachen, der 1996 mit einer Biographie des SS-Standartenführers Joachim Peiper (1915-1976) hervorgetreten war, herausgegebene Sammelband. Er enthält nach einer Einführung des Herausgebers siebzehn Beiträge überwiegend deutscher Autoren. Unmittelbar nach seinem Erscheinen erweckte er das Interesse eines besonders sachkundigen Rezensenten, so dass es an dieser Stelle vorweg genügt, allgemein auf ihn aufmerksam zu machen.
Die Einzelstudien beginnen mit der Idealisierung der Wehrmacht aus Sicht der historischen Mythosforschung. In der Folge werden Franz Halder, die Romantisierung der Wehrmacht in den Vereinigten Staaten von Amerika, die Wehrmachtsausstellung, die Landserhefte, Stalingrad, der deutsche Kriegsfilm der 1950er Jahre, ein Fernsehkrieg, die Panzerei der Wehrmacht, die Bücher Raymond F. Tolivers und Trevor J. Constables, Günther Prien, der U-Boot-Krieg, Marineheftchen zwischen 1953 und 2013, die Militärmusik, die SS-Kavallerie, das Internet und die Division Brandenburg betrachtet. Möge es dem vorliegenden, auf einem an der internationalen Jugendbibliothek in München an dem 1. und 2. Juli 2016 abgehaltenen Workshop Werk gelingen, das Väter und Großväter überwiegend als anständige Soldaten zeichnende Selbstbild der deutschen Familien mit der von der Geschichtswissenschaft ermittelten Wirklichkeit von Kriegsverbrechen und Holocaust in einleuchtenden Einklang zu bringen.
Innsbruck Gerhard Köbler