Sohns, Caroline Charlotte, Lizenzen in der Rechtekette. Zur Behandlung von urheberrechtlichen Lizenzen im deutschen und englischen Recht. Kovač, Hamburg 2018. 326 S. Besprochen von Albrecht Götz von Olenhusen. ZIER 9 (2019) 89. IT Nr. 16973 2019-08-18 unbestellt erhalten
Ausgangspunkt der rechtsvergleichenden, von Jan Busche betreuten und in Düsseldorf angenommenen Dissertation ist die Frage nach dem Nutzen der Anwendung des Abstraktionsprinzips für das Immaterialgüterrecht (s. BGH GRUR 2012, 916 – M2Trade). Als theoretische Basis dient die Erörterung des Prinzips im allgemeinen deutschen Zivilrecht. Es folgt dessen besondere Problemstellung im Urheberrecht, insbesondere der Rechtsfolgen. Die verdienstliche materialreiche kritische Analyse der Judikatur seit 1958 mit ihren dogmatisch problematischen Einschränkungen des Abstraktionsprinzips, u. a. mit der Folge des Heimfalls von Unterlizenzen und der schlussendlichen Wendung des Bundesgerichtshofs zu der grundsätzlichen Bestandskraft von Unterlizenzen bildet einen wichtigen Kern der Arbeit. Ihr schließt sich eine differenzierte Darstellung der Lehrmeinungen an. Hier werden die Vorteile und Nachteile für Urheber und Rechteinhaber in Bezug auf Urheberschutz und Verkehrsschutz erneut besonders augenfällig demonstriert. Die Verfasserin überzeugen die Argumente für den Bestand der Sublizenzen (S. 169).
Für das englische Recht werden die historische und rechtspolitische Ausgangslage mit dem ehernen „Freedom of Contract“ und die frappierenden Unterschiede der Regelungsmechanismen und Defizite der Schutzniveaus herausgearbeitet. Methodisch muss dabei, weil beide Untersuchungsbefunde in Deutschland und England getrennt dargestellt werden, im englischen Bereich auf den umfänglichen deutschen Norm- und Rechtsbestand vergleichend zurückgegriffen werden. Deutlich wird, dass das erkennbar ökonomisch orientierte Copyright auch im maßgeblichen Case Law die schwächeren Vertragspartner im Synallagma und bei der Verwertung wenig schützt. Obwohl die prinzipiellen Differenzen deutlich werden, hätte man sich eine ähnlich intensive Analyse der englischen Rechtsprechung gewünscht. Immerhin ähneln sich die Leitbilder wohl in beiden Rechtsordnungen insoweit, als das deutsche Recht unverdrossen von dem „freien“ Urheber ausgeht, den so wie den Verkehr zu schützen ein rechtspolitisches Ziel sei – ungeachtet des Umstandes, dass der Regeltyp des Urhebers tatsächlich bis etwa 90 Prozent der angestellte oder sonst „abhängige“ Schöpfer in unterschiedlichen Relationen und Bereichen ist. Demgegenüber hält das englische Recht unbeirrt an der Heiligkeit des frei und souverän über seine Vertragsinhalte bestimmenden Partners fest.
Fällt insgesamt der Rechtsvergleich knapper aus, so ist der Blick auf die europäische und international-vertragsrechtliche Substanz noch kürzer.
Mit der abschließenden Musterung der verschiedenen Lösungsansätze für einen Interessenausgleich wird auf vorangegangene Ergebnisse zurückgegriffen. Mit dem eigenen Lösungsansatz, Geltung des schon zuvor präferierten Abstraktionsprinzips, wird letztlich das Ungleichgewicht zulasten des Urhebers durch einen weitgehenden Verkehrsschutz verstärkt – mit den dabei gipfelnden fragwürdigen Thesen, dass eine Vergleichbarkeit zum englischen Recht nicht herzustellen und dass der Urheberschutz im deutschen Recht ohnehin derart „detailreich und umfangreich“ sei, dass es des Kausalitätsprinzips nicht bedürfe (S. 264). In einem gewissen Widerspruch dazu wird ohne nähere Diskussion um dessen materielle oder funktionelle Ausgestaltung ein zwingendes Urhebervertragsrecht angesprochen. Wie dieses allerdings sich auf das Schicksal der Lizenzen in der Rechtekette auswirken könnte, bleibt als Frage am Ende offen. Normativ und rechtspolitisch hätte jedoch diese Überlegung angesichts der diversen Versuche, durch Novellierungen des Urhebergesetzes das Problem mit der einen oder anderen Tendenz in den gesetzgeberischen Griff zu bekommen, womöglich auch ein Teil der kritischen Fragestellungen sein können.
Düsseldorf Albrecht Götz von Olenhusen