Schweyen, Isabell, Luthers rechtswidriges Testament.

Der Kampf Katharina Luthers um ihr Erbe. Universitätsverlag Halle-Wittenberg, Halle an der Saale 2017. 43 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Das Testament als einseitige, nicht empfangsbedürftige, jederzeit frei widerrufliche Willenserklärung, mit der ein Erblasser eine Regelung für den Fall seines Todes trifft und dadurch meist die an sich bestehende Rechtslage abändert, ist bereits dem altrömischen Recht in verschiedenen Formen bekannt. Demgegenüber betont Tacitus für die Germanen das Fehlen von Testamenten. Dementsprechend wird von der Kirche gefördert, zusätzlich wohl zu einheimischen Entwicklungen erbrechtlicher Vergabungen das Testament erst in dem 13. Jahrhundert in dem deutschen Reich (z. B. Wien 1289) zunächst von der Geistlichkeit in der Form der Verfügungen („Kodizille“) über einzelne Gegenstände (fälschlich so genanntes Verteilungstestament) aufgenommen und verbreitet sich im 14. Jahrhundert allgemein (z. B. in Lübeck im 13. und 14. Jahrhundert mehr als 2700 überlieferte Testamente, von 1400 bis 1449 1619 Testamente von 1397 Verfassern).

 

Mit dem besonderen Einzelfall des Testaments des an dem 18. Februar 1546 gestorbenen Reformators Martin Luthers beschäftigt sich die vorliegende Studie, die aus einer Hausarbeit in dem von Heiner Lück in Halle in dem Sommersemester 2015 in Erinnerung an Gertrud Schubart-Fikentscher (1896-1985) unter dem umfassenden Titel Frauen vor Gericht – Geschlechterkampf in Prozessform hervorgegangen ist. Gegliedert ist Untersuchung nach einer Einleitung in vier Abschnitte. Sie betreffen Martin Luthers Leben und Wirken, die Frau an Luthers Seite, die Testamente des Reformators (von 1537, 1542 und 1544) und die Folgen von Luthers letztem Willen.

 

Dabei geht die Verfasserin sorgfältig auf die beiden Testamente und einen Eintrag in das Gerichtsbuch der Stadt Wittenberg ein, doch sollte vielleicht auch in einer Seminararbeit nicht in dem Inhaltsverzeichnis als der Visitenkarte der Autorin ein Testament von 1522 erwähnt werden, wenn es um ein Testament von dem 6. Januar 1542 geht, das in dem Anhang auf den Seiten 38 bis 40 benutzerfreundlich wiedergegeben ist. Als rechtliche Probleme des Testaments von 1542 ermittelt die Verfasserin die Gültigkeit der Ehe, die Vormundschaft der Ehefrau Katharina von Bora über die gemeinsamen, noch lebenden vier Kinder, die Erbfolge einer Witwe nach dem Sachsenspiegel und die formellen Rechtsmängel nach der Reichsnotariatsordnung von 1512. Im Ergebnis lässt sie Martin Luther sich in seiner geistigen Arroganz in seinem handschriftlichen Testament dem Erbrecht des Landesfürsten widersetzen, betont aber auch, dass Katharina von Bora es vermochte, Martin Luther die Frau nicht nur in ihrer natürlich-biologischen Funktion sehen zu lassen, sondern auch in der einer gleichberechtigten Partnerin, die er durch Testament bestmöglich abzusichern trachtete.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler