Die Todesopfer des DDR-Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze 1949-1989 –
Jeder einzelne Mensch ist grundsätzlich so individuell und unverwechselbar, dass ein vollständiges Verzeichnis aller jemals lebenden Menschen eigentlich ein Forschungsdesiderat sein könnte, wenn es angesichts der Zeitlichkeit des Universums und der Begrenztheit der menschlichen Möglichkeiten machbar wäre. Dessenungeachtet gibt es vielleicht schon in mündlichen Darlegungen, jedenfalls aber seit der Erfindung der Schrift vielfältige Sammlungen von durch einzelne Besonderheiten aus der Allgemeinheit herausgehobenen Menschen. Ihre Bildung hat sich seit der Entwicklung elektronischer Medien in beachtlichem Maße erleichtert, weil aus allgemeinen Datenbeständen verhältnismäßig einfach unterschiedliche Teilmengen geschaffen werden können.
Nach seinem kurzen Vorwort soll das vorliegende, von Forschern der Freien Universität Berlin herausgegebene biografische Handbuch zu der Erinnerung an die Todesopfer des Grenzregimes der Deutschen Demokratischen Republik beitragen, weil der Entscheidung vieler junger Flüchtlinge für den gefährlichen Weg in die Freiheit und gegen die Diktatur ein ehrendes Gedenken gebührt. Gegliedert ist der gewichtige und bereits ziemlich erfolgreiche Band nach dem Vorwort und einer Einleitung in fünf Abschnitte. Diese betreffen die Biografien der Todesopfer in dem innerdeutschen Grenzgebiet zwischen 1949 und 1989, die Todesfälle von Grenzsoldaten und Grenzpolizisten, Todesfälle in kausalem Zusammenhang des Grenzregimes der Deutschen Demokratischen Republik, Selbsttötungen in den Grenztruppen und weitere Todesfälle und Verdachtsfälle.
Erfasst sind insgesamt 1492 Verdachtsfälle aus verschiedenen Überlieferungen und Zeitzeugenhinweisen, aus denen sich Nachweise über 803 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Grenzregime der früheren Deutschen Demokratischen Republik ergaben. Die Biographien der Todesopfer zwischen 1949 und 1989 beginnen mit dem in Steinach an dem 25, März geborenen und in Meilschnitz an dem 16. Oktober 1949 erschossenen Karl Sommer und enden mit dem an dem 24. Januar 1966 in Naumburg an der Saale geborenen und nach einer selbst zugefügten Schussverletzung an dem 11. Juli 1988 in dem Krankenhaus Mühlhausen gestorbenen Jens Herfurth. Zusätzlich bietet die ehrenvolle Auflistung ein alphabetisches Register der 327 Todesopfer von Adam bis Zürner und einige weitere benutzerfreundliche Hinweise auf das menschenrechtsverletzende, nur aus der weitgehend unbegrenzten Individualität des Menschen, in deren Rahmen der Mensch des Menschen Wolf ist, verständliche Geschehen.
Innsbruck Gerhard Köbler