Noll, Alfred Johannes, Wie das Recht in die Welt kommt.
Wie das Recht in die Welt kommt, und zwar von den Anfängen bis in die frühe Neuzeit, ist eine für den Rechtshistoriker besonders interessante Frage, weil alles mit einem Anfang beginnt und nach einer Entwicklung voraussichtlich auch ein Ende hat. Mit ihr beschäftigt sich in dem vorliegenden, mit einem Gemälde P. Gauguins von 1897 geschmückten Band der in Salzburg 1960 geborene, nach der Ausbildung als Radiotechniker, Fernsehtechniker und Fernmeldetechniker und der Matura ab 1979 in Salzburg und Wien in der Rechtswissenschaft und danach auch in Soziologie ausgebildeten, seit 1992 als Rechtsanwalt zugelassenen, 1998 mit einer Schrift über Sachlichkeit oder Gleichheit – eine rechtspolitische Studie über Gesetz und Gleichheit vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof für öffentliches Recht und Rechtslehre habilitierten und 2017 nach einer Spende von 98000 Euro für die Liste Peter Pilz in den Nationalrat Österreichs einziehenden und dort bald als einer der besten Redner geltenden Verfassers. Er geht nach seinen Vorbemerkungen von der ihm von Theo Mayer-Maly hinterlassenen Vision einer Alternative zum Spezialistentum aus, nach der wir eine Jurisprudenz brauchen, die auf das Recht als Ganzes sieht – eine enzyklopädische Jurisprudenz.
Seine darauf fußenden rechtsgeschichtlichen Überlegungen sind in neun Kapitel gegliedert. Sie beginnen bei Hermes, der nach den Gedanken der Griechen über die Entstehung von Staat und Recht, den Menschen das Recht gibt. Sie enden nach Friedrich II. als Deutschem in Italien mit einem allgemeinen Gedanken über das Recht der Menschen, nach dem das Recht Vernunftfähigkeit und Vernünftigkeit verbindlich macht.
Auf diesem langen, mehr historisch orientierten Weg als erstem Teil soll ein zweiter Teil über Rechtsinstitutionen und Themen der so genannten Neuzeit folgen und Verfassung, Eigentum, Vertrag, Sicherheit, Strafe und Demokratie behandeln. Bisher untersucht werden nach der Gabe des Hermes das notwendige Minimalrepertoire der Jäger und Sammler, bei denen es kein Recht braucht, die sprechenden Steine in Babylonien und Kreta, das rationale souveräne Privateigentum der Römer, die zusammenfassende Auferstehung des römischen Rechtes aus Särgen durch Justinian in Byzanz, die Rechtsschaffung durch den Privatmann Eike von Repgow, dessen Sachsenspiegel sich von Landkreis zu Landkreis und von Stadt zu Stadt verbreitet, das Kaufmannsrecht als Wurzel der sich in der frei oder auch nicht frei machenden Stadtluft entwickelnden Stadtrechte und die Justitia als Notwendigkeit bei Friedrich II. Möge das engagiert und eingängig geschriebene Gesamtwerk des vielfältig tätigen und dadurch beeindruckenden, nach dem Umschlagtext seine nahezu unerschöpfliche Sachkenntnis und seine beeindruckende Sprachkunst entstehungsgeschichtlich nutzenden Verfassers tatsächlich auch möglichst viele von einem großen Gemälde überzeugte Leser für sich gewinnen.
Innsbruck Gerhard Köbler