Heinig, Hans Michael, Prekäre Ordnungen.

Historische Prägungen des Religionsrechts in Deutschland. Mohr Siebeck, Tübingen 2018. XII, 94 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 04. IT

In dem Laufe der Entwicklung hat die Religion als Versuch der Sinnbestimmung des Lebens für den Menschen ziemliche Bedeutung erlangt, die mit der Verrechtlichung des Lebens auch zu rechtlichen Bezügen geführt hat. In diesem Sinne hat sich aus dem älteren Staatskirchenrecht allmählich ein neueres Religionsrecht entwickelt. Mit dessen geschichtlichen Wurzeln beschäftigt sich die vorliegende schlanke Studie des in Düsseldorf 2002 mit einer umfangreichen Dissertation über öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften promovierten Inhabers des Lehrstuhls für öffentliches Recht (insbesondere Kirchenrecht und Staatskirechenrecht) an der juristischen Fakultät der Universität Göttingen und Leiters des kirchenrechtlichen Instituts der evangelischen Kirche in Deutschland.

 

Sie beginnt mit einem Rückblick nach vorne. Danach folgen bis zu dem zusammenfassenden Resümee sechs chronologisch geordnete Abschnitte. Sie betreffen neuzeitliches Religionsrecht unter Bedingungen des nachreformatorischen Bikonfessionalismus, Pluralisierungsprozesse auf dem langen Weg von der landesrechtlichen Duldung zu der wechselseitigen Anerkennung als Freie und Gleiche, die Entwicklung von der Reichsverfassung des Deutschen Reiches von 1919 bis zu dem Ende des „Dritten Reiches“ von 1945, den rasch folgenden Schritt zu dem Grundgesetz des Jahres 1949, die religionsrechtliche Entwicklung in den ersten zwanzig Jahren der Bundesrepublik Deutschland und einen Ausblick bis zu der Gegenwart.

 

In diesem Rahmen kann der Verfasser unter Betonung der geschichtlichen Grundlagen der Gegenwart wie der Problematik der Religionslosigkeit zeigen, dass sich die religionsrechtlichen Ordnungen als stets gefährdete Friedensordnungen zwischen normativem Anspruch und politischer Wirklichkeit erweisen. Aus seiner Sicht haben auch in der Gegenwart Grundprinzipien ihre Selbverständlichkeit verloren und sind neu zu plausibilisieren. Dies zu erleichtern ist nicht nur das Ziel der vielfältigen, auf der Grundlage der Geschichte kritisch hinterfragenden Überlegungen, sondern auch der in dem Anhang abgedruckten Normtexte des Friedensvertrags von Osnabrück von 1648, des allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794, der Deutschen Bundesakte von 1815, der Paulskirchenverfassung von 1848, der Verfassung Preußens von 1850 und der in Weimar 1919 beschlossenen Verfassung des republikanischen Deutschen Reiches sowie des benutzerfreundlichen Stichwort- und Namensverzeichnisses von Allgemeinem Landrecht bis zu Zwingli.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler