Juristische Hermeneutik im 20. Jahrhundert.

Eine Anthologie von Grundlagentexten der deutschen Rechtswissenschaft, hg. v. Meder, Stephan/Omaggio, Vincenzo/Carlizzi, Gaetano u. a. (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts 27). V & R unipress, Göttingen 2018. 339 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 84. IT

Die Hermeneutik als Kunst der Auslegung von Texten befasste sich bereits in dem Altertum mit dem Verstehen von Texten wie der Bibel und der Gesetze. In der Neuzeit wurde daraus eine allgemeine Wissenschaft des Verstehens. Als Buchtitel ist dabei das Wort Hermeneutik anscheinend erstmals von dem in Köndringen in dem Breisgau 1603 als Sohn eines Pfarrers geborenen, nach dem Besuch des Gymnasiums und Predigerseminars in Straßburg Theologie an den Universitäten Marburg, Altdorf und Jena studierenden, 1628 in Straßburg als Inspektor des Predigerseminars, 1629 als Professor für Rhetorik und 1633 für Theologie wirkenden, 1666 gestorbenen Johann Conrad Dannhauer verwendet.

 

Nach dem Vorwort der deutschen Ausgabe des zuerst in italienischer Sprache in Pisa unter dem Titel L’Ermeneutica Giuridica Tedesca Contemporanea erschienenen Werkes verfolgt die vorliegende Quellensammlung das Ziel, ohne Anspruch auf Vollständigkeit grundlegende Texte zu der juristischen Hermeneutik des 20. Jahrhunderts allgemeiner zugänglich zu machen. Gegliedert ist es nach einer Einführung Stephan Meders und Christoph Sorges zu der schöpferischen Kraft der juristischen Hermeneutik und einem Quellenverzeichnis in vier Teile. Sie betreffen jeweils mit einer Einleitung Gaetano Carlizzis oder Vincenzo Omaggios als Grundlegung die Dialektik zwischen normativem und faktischem Element, das Vorverständnis von Rechtssätzen und die Bildung von Sachverhalten, Typus und Analogie im Recht sowie Urteilsrichtigkeit und praktische Richtigkeit.

 

Erfasst sind insgesamt 20 Stücke. Sie stammen von Gustav Radbruch, Karl Engisch, Arthur Kaufmann, Winfried Hassemer, Martin Kriele, Joachim Hruschka, Friedrich Müller, Josef Esser, Karl Larenz, Joachim Hruschka, Karl Larenz, Gustav Radbruch, Karl Engisch, Karl Larenz, Arthur Kaufmann, Winfried Hassemer, Martin Kriele, Josef Esser, Arthur Kaufmann sowie Winfried Hassemer und reichen von einer Skizze über das Verhältnis von Rechtsidee und Rechtsstoff bis zu der Relation von Methodologie und Anwendungspraxis. Möge es mit Hilfe dieser vielfältigen, weiterführenden Überlegungen ausgewählter moderner deutscher Hermeneutiker möglichst vielen Rechtsanwendern gelingen, über Sinnerwartungen und Vorverständnisse hinaus zu überzeugenden Ergebnissen zu gelangen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler