Lennartz, Jannis, Juristische Granatsplitter.

Sprache und Argument bei Carl Schmitt in Weimar. Mohr Siebeck, Tübingen 2018. XI, 127 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 74. IT

Der in Plettenberg unter dem Namen Karl Schmitt als Sohn eines Krankenkassenverwalters geborene, nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, München und Straßburg  sowie einer Dissertation des Jahres 1910 bei Fritz van Calker über Schuld und Schuldarten und einer Schrift über den Wert des Staates von 1916 habilitierte und nach einem bürokratischen Heeresdienst und einer kurzen Lehrtätigkeit an der Handelshochschule München 1921 nach Greifswald, 1922 nach Bonn, 1928 an die Handelshochschule Berlin, 1933 nach Köln und in dem Oktober 1933 nach Berlin berufene Carl Schmitt ist einer der bekanntesten Juristen des Deutschen Reiches des 20. Jahrhunderts, dessen vor allem in Tagebüchern dargestelltes persönliches Leben erkennbar besonders durch Alkohol und Sexualität beeinflusst ist. Unter betonter Ablehnung des liberalen Rechtsstaats der durch Parteienzersplitterung gekennzeichneten Weimarer Republik rechtfertigt er die nationalsozialistische Ordnung und bejaht die antidemokratische Selbstbehauptung des starken Staates als Alternative zu einem Untergang. Obwohl er bereits 1937 unter starkem Druck seine Parteiämter niederlegt, verliert er 1945 (mit 57 Jahren) sein Lehramt, bleibt aber trotz erheblicher Widerstände (z. B. des früheren Assistenten Ernst Friesenhahn) über Schüler in dem wissenschaftlichen Gespräch.

 

Obgleich über sein ein Werk und sein Wirken schon sehr viel geschrieben wurde, beschäftigt sich das vorliegende, dem Vater nach Entführung der Schmittbände gewidmete  Werk des 1986 geborenen, in Staatswissenschaften in Erfurt und Rechtswissenschaft in Jena, Siena und Göttingen ausgebildeten, 2016 mit einer Dissertation an der Humboldt-Universität in Berlin promovierten, als wissenschaftlicher Mitarbeiter Christoph Möllers‘ an dem Lehrstuhl für  öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht und Rechtsphilosophie tätigen Verfassers besonders mit Sprache und Argument Schmitts. Es gliedert sich insgesamt in fünf Teile. Sie betreffen die Zwiebelhaut vielfachen Sinnes, den Dezisionismus als Unruhe mit Begriffen wie Granatsplittern, die Intensität des Politischen, die politische Theologie als alternative Semantik sowie die Idee und Form.

 

In seinem überzeugenden Ergebnis ordnet der Verfasser ansprechend Schmitts Dezisionismus und politische Lehre als Eigenheiten der Darstellungsform ein, hinter denen keine gleichwertigen Inhalte stehen. Das Entscheidungsdenken sieht er als typisches Merkmal einer unsicheren, nach Stärke und Kraft von Entscheidern strebenden Zeit. Mit dem Verlust konkreter Gestaltungsmöglichkeiten werden Verlust, Klage und Opfer gegenüber Gestalten durch Entscheiden bei Schmitt vorherrschend.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler