Suffrin, Dana von, Pflanzen für Palästina –
Das geschichtliche Gebiet Palästina liegt nach allgemeinem Wissen an der Südostküste des Mittelmeers längs des Flusses Jordan an der Stelle, an der sich in der Gegenwart Israel, der Gazastreifen, das Westjordanland, Teile Syriens, Libanons und Jordaniens befinden. Dort siedelten bereits in der Altsteinzeit Menschen und wurde um 9000 v. Chr. Jericho gegründet. Ab 3300 v. Chr. werden von den heutigen Palästinensern als Vorfahren angesehene Kanaaniter, ab dem 13. Jahrhundert v. Chr. Hebräer, während des 12. Jahrhunderts v. Chr. aus der Ägäis kommende Philister genannt, während später wohl Israeliten, Assyrer, Babylonier, Perser, Alexander der Große, Ptolemäer, Seleukiden, Römer, Byzantiner, arabische Muslime, christliche Kreuzfahrer, Sunniten, Mamluken und osmanische Türken das Gebiet beherrschten, bis es 1917/1918 von Großbritannien erobert und zu einem seitens des Völkerbunds bestätigten Mandatsgebiet Großbritanniens erklärt wurde, in das wegen ihrer Verfolgung in Europa so viele zionistische Juden einwanderten, dass der Bevölkerungsanteil der Juden in Palästina bis 1945 auf dreißig Prozent anstieg und an dem 29. November 1947 die Generalversammlung der Vereinten Nationen beschloss, den 1,3 Millionen Palästinensern 43 Prozent des Mandatsgebiets Großbritanniens und den knapp 600000 Juden mehr als 56 Prozent zuzugestehen, an dem 14. Mai 1948 die letzten Truppen Großbritanniens Palästina verließen und der aus Polen zugewanderte David Ben-Gurion als designierter Ministerpräsident in dem Namen des jüdischen Nationalrats den unabhängigen souveränen Staat Israel auf dem Gebiet Palästina ausrief, was verschiedene Kriege und zahlreiche blutige Konflikte unterhalb der Kriegsschwelle bis in die Gegenwart verursachte.
Mit einer besonderen Frage in dem Jischuw als der jüdischen Bevölkerung in Palästina vor der Gründung des modernen Israel beschäftigt sich die vorliegende, mit einer Abbildung einer Forschungsstation in Tel Aviv von 1925 veranschaulichte, von Kärin Nickelsen betreute und in dem März 2017 von der Universität München angenommene Dissertation der 1985 geborenen, in München, Jerusalem und Neapel in Politikwissenschaft, jüdischer Geschichte und Kultur sowie allgemeiner und vergleichender Literaturwissenschaft ausgebildeten, durch ein Fellowship des Leo Baeck Programms der deutschen Studienstiftung geförderten Verfasserin. Sie gliedert sich in sieben Kapitel. Diese betreffen einführend Otto Warburg (Hamburg 1859-Berlin 1938) und die wissenschaftliche Elite des Jischuws, Otto Warburg zwischen Zionismus, Kolonialismus und Wissenschaft, die botanischen Zionisten in Palästina zwischen Vorstellung und Ideal, die Vermessung Palästinas durch Expeditionen in dem Zionismus, die wissenschaftliche Eroberung Palästinas durch die Entdeckung des Urweizens, die produktive Schaffung der hebräischen Flora in Palästina und ein abschließendes Fazit.
Danach verband der Zionismus, dem sich der in Botanik, Chemie und Zoologie in Bonn, Berlin und Straßburg ausgebildete Otto Warburg um 1900 zuwandte, Politik, Nationenbildung und Wissenschaft zwecks Ausgleichs der fehlenden politischen, finanziellen und militärischen Mittel der Zionisten, an deren Spitze Warburg 1911 gelangte. Unter seiner Führung wollten die Zionisten keine Kolonie ausbeuten, sondern sich eine Heimat schaffen, in der die Natur durch die Kultur geformt und zugleich für Auswanderer interessant gemacht werden sollte. Trotz mancher Rückschläge war seine Tätigkeit insgesamt so erfolgreich, dass das von ihm begründete Institut noch in der Gegenwart die wichtigste Einrichtung der landwirtschaftlichen Forschung Israels ist.
Innsbruck Gerhard Köbler