Stolleis, Michael, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte –

Materialien, Methodik, Fragestellungen (= Methodica – Einführungen in die rechtshistorische Forschung 4). De Gruyter Oldenbourg, Berlin 2017. VIII, 132 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 05. IT

Jeder Mensch ist verfasst und verwaltet sich in dem Rahmen des Möglichen irgendwie, doch ist dies für die Allgemeinheit ziemlich bedeutungslos, die den Einzelnen mehr und mehr in den Hintergrund drängt. Sie hat ihrerseits seit ihrer Entstehung eine Verfassung und bedarf der Verwaltung der sie betreffenden Angelegenheiten, weshalb in der Geschichte des Menschen die Verfassung und Verwaltung der Allgemeinheit entstanden sind, die sich in erster Linie bisher auf den Staat als eine von Menschen für sich geschaffene Einrichtung beziehen. Spätestens mit den ersten formellen Verfassungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts und der anschließenden Verrechtlichung der staatlichen Verwaltung haben sie so erhebliches Gewicht gewonnen, dass sie die Angelegenheiten des Einzelnen in den Hintergrund verwiesen haben.

 

In dem Rahmen der als grundlegend gedachten Materialien, Methodik und Fragestellungen einzelner Fächer oder Gegenstände des Rechtes behandelt der beste Kenner der Geschichte des öffentlichen Rechtes seine besonderen Fachgebiete nach einem vorgegebenen Konzept unter dem Bild Johannes Grützkes über den Zug der Volksvertreter, 1987-1990 in der Paulskirche in Frankfurt am Main. Dementsprechend stellt er in dem Teil Einführung zunächst die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Geschichte des öffentlichen Rechts, der Verfassungsrechtsgeschichte, Verwaltungsrechtsgeschichte und Wissenschaftsgeschichte vor.  Als Fallbeispiele verwendet er Staatsraison, Staatsbürger, das Dokument Deutsche Bundesakte und Selbstverwaltung und äußert sich anschließend zu den Fragen der Methodik, die unlösbar mit der Fragestellung und den Besonderheiten des Untersuchungsgegenstands zusammenhängen.

 

Quellen zu der Verfassungsgeschichte in Mittelalter, früher Neuzeit und (eigentümlicherweise) Neuzeit sind Archiv, Quellensammlungen, Dokumente zur Verfassungsgeschichte, Gesetze und Anordnungen, Dokumente zur Verwaltungsgeschichte und Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts. Al Probleme und Perspektiven der Forschungsgeschichte werden nach einer allgemeineren Einführung Verfassungsgeschichte, Verwaltungsgeschichte, Rechtsgeschichte des Europarechts und Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechtes unterschieden. Eine (allgemeine) Bibliographie von Amira 1876 bis Zweigert/Kötz 3. Auflage 1996, Auswahlbibliographien zu Verfassungsgeschichte, Verwaltungsgeschichte und Wissenschaftsgeschichte, ein Sachregister und ein Personenregister runden den hilfreichen, grundlegenden, die globale Perspektive beachtenden Band benutzerfreundlich ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler