Banken, Ralf, Hitlers Steuerstaat.

Die Steuerpolitik im Dritten Reich (= Das Reichsfinanzministerium im Nationalsozialismus 2). De Gruyter Oldenburg, Berlin 2018. 668 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 76. IT

Schon sehr früh haben Menschen Mitmenschen dadurch zu beherrschen versucht und dann auch beherrscht, dass sie Teile deren Einkünfte und Vermögen für sich beanspruchten. Dementsprechend kennt bereits das Altertum auch Abgaben des Einzelnen an den sich ausbildenden Staat. Seitdem der Staat das Wohl großer Teile seiner Angehörigen aus ureigenem Interesse an dem Erhalt der Macht förderte, benötigte er dafür umfangreiche Mittel, die er seinerseits den Vermögen anderer mit seiner Gewalt entziehen musste, was bis zu der Gegenwart und ihrem deficit spending aller demokratisch verfassten und damit von Mehrheiten von Wählern abhängigen Staaten immer größeren Umfang annahm, worauf beispielsweise auch das der Einleitung des vorliegenden umfangreichen Werkes vorangestellte Zitat Benjamin Franklins (1706-1790) deutlich hinweist.

 

Mit diesem Sachgegenstand in dem Dritten Reich beschäftigt sich in dem Rahmen der Geschichte des Reichsfinanzministeriums während der Zeit des Nationalsozialismus Adolf Hitlers die grundlegende Studie des 1962 geborenen, von 1983 bis 1990 in Münster in Geschichte, Sozialwissenschaft und Niederländisch ausgebildeten, ab 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte der Universität Saarbrücken bzw. Frankfurt am Main tätigen, 1997 mit einer Dissertation über die Industrialisierung der Saarregion zwischen 1815 und 1914 summa cum laude promovierten, danach in Köln und an dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main tätigen, 2008 mit einer Schrift über Edelmetallmangel und Großraubwirtschaft zwischen 1933 und 1945 für Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Frankfurt am Main habilitierten und seitdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Köln und Frankfurt am Main wirkenden Verfassers. Sie gliedert sich nach einer sachkundigen Einleitung in fünf Sachkapitel. Sie betreffen die Steuereinnahmen, die Grundsätze der Steuerpolitik, die Steuerpolitik seit den Weimarer Jahren während Aufrüstung und Krieg, die ökonomischen Wirkungen des Steuerrechts der nationalsozialistisch beherrschten Zeit und die Steuern als Diskriminierungsinstrument.

 

In seinen vielfältigen, sorgsam erarbeiteten Einzelergebnissen kann der Verfasser zeigen, dass auch in der nationalsozialistisch bestimmten Zeit die Steuerpolitik kein nur von Fachleuten ausgeführter ideologiefreier Raum war, sondern das Finanzministerium die nationalsozialistische Politik unterstützte. Die meisten Entscheidungen versuchten möglichst hohe Einnahmen zu bewirken und bei dem Reich zu zentralisieren. Dabei wurden bestehende Vorschriften nach dem Ergebnis des Verfassers stets zuungunsten jüdischer Steuerpflichtiger ausgelegt und umgedeutet, so dass der Verfasser an dem Ende die Aussage des 1932 bereits in dem Kabinett Franz von Papen ernannten, bis 1937 parteilosen, Reichsfinanzministers Johann Ludwig (Schwerin) von Krosigk (1887-1977), der 1949 als Kriegsverbrecher zu zehn Jahren Haft verurteilt, aber 1951 amnestiert wurde, nach Ende des zweiten Weltkriegs, dass er und seine Mitarbeiter Schlimmeres verhindern wollten, angesichts von Millionen Toten, des Holocausts, des in großen Teilen zerstörten Europas, einer Hyperinflation und einer riesigen staatlichen Schuldenlast des Deutschen Reiches als blanken Hohn einstuft.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler