Freiheit als Rechtsbegriff, hg. v. Kaufmann, Matthias/Renzikowski, Joachim

(= Recht und Philosophie 2). Duncker & Humblot, Berlin 2016. 352 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 04. IT

Obgleich der so genannte Urknall für den Verstand auch des heutigen Menschen unbegreiflich ist, folgten ihm dem gegenwärtigen Verstand nur schwer verständliche Regelmäßigkeiten. Auf ihrer Grundlage scheint eine allgemeine Freiheit der Entwicklung nicht vorstellbar. Davon ist vielleicht die Freiheit als Rechtsbegriff zu unterscheiden, die möglicherweise mit der Entstehung des Menschen oder der Entstehung des Rechtes verbunden werden kann.

 

Mit ihr beschäftigt sich der vorliegende Sammelband, der von den beiden Herausgebern auf Grund eines in Halle 2014 in Erinnerung an den Tübinger Vertrag des Juli 1514 geführten internationalen und interdisziplinären wissenschaftlichen Gesprächs veröffentlicht wurde und dem Gedenken an Merio Scattola (1962-2015) gewidmet ist. Er gliedert sich nach einer sachkundigen Einleitung der Herausgeber in drei Teile. Diese betreffen die formalrechtliche Absicherung der Freiheit, die Freiheit als „subjektives Recht“ in Bezug zu Eigentum und Gleichheit sowie vor allem markante rechtsphilosophische Positionen zu dem Freiheitsrecht.

 

Zu Beginn führt dabei Joachim Hruschka in Freiheit und Rechtsstaat in Kants Rechtslehre ein. Danach werden beispielsweise betrachtet der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes als eine mögliche Illusion, die polnische Freiheit von dem 16. bis zu dem 18. Jahrhundert, Habeas Corpus oder kein Recht ohne gerichtliche Kontrolle, Freiheit und Recht, soziale Freiheit als mögliche negative Freiheit, das zu dem Menschenrecht auf Freiheit möglicherweise gehörende Eigentum, dominium und Freiheit bei Domingo de Soto, dominium bei Luis de Molina, die Strafe der Versklavung als Grenze rechtlicher Freiheitsgarantie bei Luis de Molina, Freiheit und Recht bei Spinoza, die Freiheitsidee bei Genovesi, Rousseaus Umbau des Naturrechts in dem Gesellschaftsvertrag, die Freiheit von Kant bis zu dem kosmopolitischen Recht, subjektive Rechte bei Bentham und Jhering, Tragweite und Grenzen der rechtlichen Freiheit bei Hegel, K. C. F. Krause als Vorläufer des Projekts Weltethos, das Verhältnis von Anarchie und Recht sowie die Freiheitskonzeptionen des Menschenwürdebegriffs der internationalen Menschenrechtskonzeptionen. Möge es den vereinten gedanklichen Anstrengungen der insgesamt neunzehn Autoren aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen gelingen, die Freiheit als grundsätzlich unentziehbares Recht aller Menschen an allen Orten und zu allen Zeiten in dem Rahmen eines allgemeinen Pluralismus bestmöglich zu sichern.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler