Bauer, Katja, Buße und Strafe im Frühmittelalter.
Die vorliegende, an strenge Umfangsvorgaben gebundene Studie ist eine von Heiner Lück angeregte und betreute wissenschaftliche Arbeit in dem Rahmen der Schwerpunktbereichsprüfung. Sie geht auf das von Heiner Lück in dem Sommersemester 2014 veranstaltete rechtsgeschichtliche Seminar mit dem Thema Innovationen um 800 – Recht und Verfassung im Reich der Karolinger – anlässlich des 1200 (.!) Todestags Karls des Großen zurück. Sie zeigt nach dem Vorwort, dass es - erfreulicherweise auch in der von der Ökonomie beherrschten Gegenwart – möglich ist, junge Jurastudenten und Jurastudentinnen für die so ferne und nicht leicht zugängliche Rechtswelt des Mittelalters zu interessieren.
Gegliedert ist die Untersuchung nach einer von Einhards Vita Karoli Magni ausgehenden Einleitung, nach der Karl dort, wo das Recht eines der von ihm beherrschten Volksstämme noch nicht geschrieben war, es zusammenstellen und schriftlich aufzeichnen ließ. Danach folgen drei Sachabschnitte. Sie betreffen das Bußenstrafrecht im Frankenreich, das peinliche Strafrecht im Frankenreich und die Leges.
In diesem Rahmen fragt sich die Verfasserin nach der Bezeichnung ihrer wesentlichen Quellen und entscheidet sich gegen Volksrecht und Stammesrecht für Leges, wobei sie klar sieht, dass angesichts der Entstehung der von ihr näher untersuchten Rechtsaufzeichnungen, an denen regelmäßig „Rechtskundige als Vertreter der Rechtsgemeinschaft mitwirkten“ diese Bezeichnung, wenn man das lateinische lex einfach durch deutsch Gesetz überträgt, in einem Spannungsverhältnis zu dem Verständnis eines Gesetzgebungsakts steht und daher wissenschaftlich unpräzise (bzw. irreführend) ist. Gleichwohl gelangt sie zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die von ihr jetzt doch nicht Leges genannten Volksrechte der Friesen, Sachsen und Thüringer von dem Kompositionensystem beherrscht werden und für die peinlichen Strafen geringerer Raum bleibt, selbst wenn sie es angesichts der mangelhaften Überlieferung für ungewiss hält, wieweit ihre Feststellungen der tatsächlichen Rechtspraxis entsprachen und auch (nach Ebel und Mitteis/Lieberich allgemein) in Rede stehende Textveränderungen durch private Abschreiber, die freilich für ihre Volksrechte schwer zu sichern sind, zu dieser Unsicherheit beitragen. Insgesamt eine mutige, an vorhandenen Quellen ausgerichtete Anfängerleistung, die in ihrem Ergebnis das bisherige überzeugende Wissen für Friesen, Sachsen und Thüringer sichert und nicht grundlos gefährdet.
Innsbruck Gerhard Köbler