Mußgnug, Dorothee, Acht und Bann im 15. und 16. Jahrhundert

(= Historische Forschungen 111). Duncker & Humblot, Berlin 2016. 368 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 9 (2019) 07. IT

Die Acht als in dem mittelalterlichen deutschen Recht als Unrechtsfolge mögliche allgemeine Verfolgung ist mittelhochdeutsch und vielleicht für das zweite Viertel des 11. Jahrhunderts althochdeutsch belegt, als Wort für das Germanische zwar erschließbar, aber in den weiteren Zusammenhängen unklar. Der Bann als Möglichkeit eines Amtsträgers, Gebote und Verbote unter Androhung gewichtiger Rechtsfolgen in dem Falle der Nichtbeachtung auszusprechen findet sich in dem Althochdeutschen des 9. Jahrhunderts, dem Altsächsischen sowie als bannus in dem frühen Lateinisch-Althochdeutschen und lässt sich mit dem Germanischen sowie einer indogermanischen Wurzel mit der Bedeutung feierlich sprechen verknüpfen. Für die formelhafte Verbindung von Acht und Bann bietet nach der Verfasserin Eduard Eichmanns Monographie von 1909 immer noch die beste Darstellung.

 

Ungeachtet der vielfältigen Fragen der Frühzeit konzentriert sich die vorliegende, nach dem knappen Vorwort verschiedentlich unterbrochene, sehr sorgfältige und aufschlussreiche, durch ein umfangreiches Quellenverzeichnis und Literaturverzeichnis sowie ein Personenregister von Adelmann von Adelmannsfelden bis Zwingli abgerundete, Reinhard Mußgnug und Friederike und Terese gewidmete Untersuchung der 1940 geborenen, in Geschichte, politischer Wissenschaft und öffentlichem Recht in Heidelberg, Freiburg im Breisgau und Hamburg ausgebildeten, bei Werner Conze als wissenschaftliche Hilfskraft tätigen und mit einer Dissertation über Landgemeinde und Untertänigkeit – zur preußischen Verfassungsentwicklung vom Erlass des Allgemeinen Landrechts promovierten, nach einem Aufenthalt in Berlin in Heidelberg seit 1985 selbständig wissenschaftlich tätigen und beispielsweise an dem Wörterbuch geschichtlicher Grundbegriffe Conzes sowie an dem Repertorium der Policeyordnungen des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte mitwirkenden, vielfältig ausgewiesenen Verfasserin nach einer kurzen Einleitung auf Acht- und Bannverfahren von Sigmund bis Ferdinand I. Sie ist in sechs Sachkapitel grundsätzlich chronologisch gegliedert. Behandelt werden nacheinander Acht- und Bannverfahren unter Sigmund, Friedrich III., Maximilian I., Karl V. und Ferdinand I. sowie abschließend der „christliche Bann“.

 

Erfasst werden dabei Verfahren gegen Friedrich IV. von Österreich, die Stadt Magdeburg, Ulrich von Manderscheid, erwählten Erzbischof von Trier, Arnold von Egmond als Herzog von Geldern, Ludwig VII. als Herzog von Bayern-Ingolstadt, Diether von Isenburg-Büdingen als Erzbischof von Mainz, Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz, Jakob von Sierck als Erzbischof von Trier, Dietrich von Moers als Erzbischof von Köln, Andreas Jamometić, Herzog Sigmund von Österreich (nur gebannt), Gregor von Heimburg und König Georg Podiebrad von Böhmen (nur gebannt), Markgraf/Kurfürst Albrecht Achill von Brandennburg (nur gebannt), Gent, Brügge, Ypern, Kurfürst Philipp, Pfalzgraf Ruprecht, Hans von Trotha, Kloster und Stadt Weißenburg, Luther, Magdeburg und Goslar, Hermann von Wied als Erzbischof von Köln, Hochmeister/Herzog Albrecht von Preußen, Johann Friedrich und Moritz als Kurfürsten/Herzöge von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, Ulrich von Hutten, Franz von Sickingen, Götz von Berlichingen, Albrecht Alcibiades als Markgraf  von Brandenburg-Kulmbach, Wilhelm von Grumbach und Magnus I. Herzog von Sachsen-Lauenburg. An dem Ende ihrer beeindruckenden, quellennahen Untersuchung von rund 25 Verfahren kann die Verfasserin feststellen, dass Reichsacht und päpstlicher Bann in dem 15. und 16. Jahrhundert nur in ganz seltenen Fällen zugleich verhängt wurden. Auch darüber hinaus lässt sich nach ihren überzeugenden Worten kein einfacher Schlussstrich unter die Fragestellung Acht und Bann im 15. und 16. Jahrhundert ziehen, obwohl die Details und „Formalia“ für die seinerzeitigen, vielfach politisch außerordentlich wichtigen Akteure von entscheidender Bedeutung waren und auch nach Jahrhunderten noch aussagekräftig sind.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler