Payk, Marcus M., Frieden durch Recht?
Nach der Entstehung des ersten Menschen zu nicht genau bekannter Zeit dürfte es ziemlich lange gedauert haben, bis unter den Menschen erste Völker entstanden sind. Erst danach sind diese Völker auch in Beziehung zueinander getreten, so dass sich erst danach die Frage eines Völkerrechts gestellt hat. In seinen einfachsten, Krieg, Frieden, Bündnisse und Gesandte betreffenden Anfängen dürfte es vermutlich Jahrtausende vor die christliche Zeitenwende zurückreichen, wobei sein Rechtscharakter wegen den Fehlens einer den Völkern übergeordneten Instanz vielfach umstritten war.
Mit einem Teilaspekt seiner seit dieser Zeit wie das Recht insgesamt stark gestiegenen Bedeutung beschäftigt sich das vorliegende gewichtige Werk des 1973 geborenen, von 1993 in Geschichtswissenschaft, Rechtswissenschaft und Sozialwissenschaft in Bochum und Münster ausgebildeten, seit 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Zentrum für zeithistorische Forschung tätigen, 2005 mit einer Dissertation über den Geist der Demokratie an Hand intellektueller Orientierungsversuche in dem Feuilleton der frühen Bundesrepublik Deutschland (Karl Korn, Peter de Mendelssohn) summa cum laude in Bochum promovierten, seit 2009 als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Assistent an dem Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität in Berlin, dort unter Betreuung und Förderung durch Martin Sabrow in dem Juli 2017 für neuere und neueste Geschichte habilitierten und seit 2018 als Professor für neuere Geschichte unter Berücksichtigung der westeuropäischen Geschichte an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr tätigen Verfassers. Es gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in sechs Teile. Sie betreffen das Völkerrecht als Fortschrittserzählung und die Haager Konferenzen 1899/21907, den ersten Weltkrieg als Kampf um das Recht, das langgezogene Kriegsende und die Planung von Friedensgesprächen ab Herbst 1918 die interalliierten Verhandlungen zwischen Politik und Recht, die formale Gestaltung des Friedens und die Verträge mit den Verlierermächten und die Pariser Ordnung der Bauformen eines staatszentrierten Internationalismus.
Insgesamt sieht der Verfasser in Übereinstimmung mit der anderen Literatur zwar die Friedensschlüsse nach dem ersten Weltkrieg als ungeeignet für die Herstellung einträglicher Beziehungen zwischen den vorherigen Kriegsparteien an. Er betont demgegenüber aber in längerfristiger geschichtlicher Perspektive, dass das Völkerrecht insofern stärkeres Gewicht erhíelt, als die Verträge langlaufende normative Erwartungen großer Eindringlichkeit bündelten und dadurch noch die Gegenwart beeinflussen. Gleichwohl stellt er an dem Ende überzeugend fest, dass sich mit Recht allein kein Frieden gestalten und erhalten lässt, weil Recht letztlich ohne Durchsetzungsmacht bloßer Anspruch bleibt und wie die Geschichte der Vereinten Nationen zeigt, Mächtige das Recht überwiegend nur verwenden, wo es ihnen günstig erscheint und darüber hinaus meist vor allem auf ihre wirtschaftliche oder militärische Macht setzen.
Innsbruck Gerhard Köbler