Baños, Pedro, So beherrscht man die Welt.
Aus dem Wesen des Menschen heraus könnte man verstehen, dass der erste Mensch, der die Welt als eine grundsätzliche Einheit erkannte, bereits überlegte, wie er sie beherrschen könnte. Jedenfalls haben seitdem viele Menschen nach Mitteln gesucht, wie sie die gesamte Welt politisch, militärisch, religiös, kulturell, wirtschaftlich, medial, medizinisch, rechtlich oder in einer sonstigen Art und Weise ihrer Herrschaft unterwerfen könnten. Zu ausgeprägt ist das Streben nach der Macht des einen über den anderen von Anfang an bis zu der heutigen Gegenwart.
Mit dieser grundsätzlichen Fragestellung beschäftigt sich der in Léon 1960 geborene, ab 1980 in der Academia General Militar de Zaragoza und ab 1983 in der Academia de Infantería de Toledo ausgebildete und dann vielfältige praktische Aufgaben in Burgos, Bilbao, Almería und Toledo ausführende, danach zu der Europäischen Union in Straßburg wechselnde, ab 2004 als Professor für Strategie und internationale Beziehungen an der Escuela Superior de las Fueras Armadas wirkende und inzwischen in dem einstweiligen Ruhestand befindliche Verfasser des 2017 unter dem Titel Así se domina el mundo. Desvelando las claves del poder mundial erschienenen Werkes, der als früherer Leiter der Spionageabwehr und Sicherheit der europäischen Streitkräfte umfangreiche Erfahrungen in Verteidigungsfragen, Geopolitik und Terrorismus gesammelt hat. Sein allen sich täglich für eine gerechtere, freiere und sicherere Welt einsetzenden Menschen gewidmetes Buch gliedert sich nach einer Vorbemerkung und einer Einführung in Geopolitik und Geostrategie in vier Teile. Sie betreffen eine Schilderung, wie die Welt ist, vier geopolitische Prinzipien, nach denen der Staat ein lebender Organismus ist, die Wirtschaft das Sagen hat, die Geschichte eine prägende Last bildet und es keine ewigen Verbündeten, sondern nur bleibende Interessen gibt, zweiundzwanzig geostrategische Regeln von der Abschreckung bis zu dem Esel und den Satteltaschen und fünf menschliche Fehler und Schwächen in der Geopolitik (Missachtung nationaler Eigenheiten, Machtdemonstrationen als Zeichen von Schwäche, mangelnde Vorbereitung auf das Unerwartete, Trugschluss von einem schnellen Sieg ohne eigene Verluste und mangelnder Respekt vor religiösen Gefühlen).
Es ist bewundernswert, wenn ein einzelner Mensch nach langen Erfahrungen weiß, wie man die Welt beherrscht. Wenn die dortigen Regeln den Erfolg sichern, brauchen Interessierte die Inhalte nur zu verinnerlichen und anschließend umzusetzen. Allerdings zeigt die Geschichte von dem Altertum bis zu der Gegenwart, dass es noch keinem Menschen gelungen ist, die Welt zu beherrschen, weil die Zahl der Menschen und die Vielfalt der möglichen Kräfte zu riesig und zugleich unterschiedlich und gegensätzlich ist, so dass es grundsätzlichen Zweifeln unterliegt, ob ein Mensch nach der Lektüre des theoretischen Werkes jemals wirklich in der Praxis die gesamte Welt beherrschen kann, so schön dies vielleicht auch vielen erscheinen könnte.
Innsbruck Gerhard Köbler