Transitional Justice.
Der Nationalsozialismus Adolf Hitlers hat die Geschichte des deutschen Volkes zwischen 1933 und 1945 samt den vorausgehenden und nachfolgenden Entwicklungen wesentlich geprägt. Wie alles in der Geschichte hat er grundsätzlich seine eigene Zeit. Wegen der Gewichtigkeit der Ereignisse gibt es aber vielfältige und umfangreiche Bestrebungen in diesem Bereich das übliche Vergessen zu verhindern.
Nach dem kurzen Vorwort des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen stellte sein Vorgänger Rolf Krumsiek an dem 13. April 1989 das in der ein Jahr zuvor neugegründeten Justizakademie Nordrhein-Westfalen beheimatete Dokumentationsprojekt Justiz im Dritten Reich erstmals der Öffentlichkeit vor. Damit sollten beispielhaft Dokumente aus der Zeit von 1933 bis 1945 für eine Auseinandersetzung mit dem Wirken der Justiz „in Dritten Reich“ (!) zur Verfügung gestellt werden. Auch tausende als normal zu bezeichnende Urteile konnten nämlich nach dem Vorwort nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Juristen waren, die dem nationalsozialistischen Unrecht den Mantel des Rechts umhingen (!) und bestehendes Recht in nationalsozialistischen Sinne auslegten, ausdehnten und immer wieder beugten.
Fast auf den Tag genau 25 Jahre nach der ersten öffentlichen Präsentation der Dokumentation wurde an dem 14. April 2014 in der Justizakademie in Recklinghausen das fünfundzwanzigjährige Bestehen der Dokumentationsstelle und Forschungsstelle Justiz und Nationalsozialismus gefiert und in dem Anschluss hieran ein Symposium abgehalten. Die diesbezüglichen zehn Referate stellt der vorliegende Band unter einer Einleitung Christian Amanns der Öffentlichkeit zu allgemeiner Verfügung. Sie beginnen mit dem perfekten Mord Ralph Giordanos und führen über die rechtsstaatliche Vergangenheitsbewältigung, Wege der Aufarbeitung von Systemunrecht, die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in (West-)Deutschland, juristische Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Österreich, Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit in Italien, Aufarbeitung des Franco-Regimes in Spanien und Aufarbeitung des Apartheid-Regimes in Südafrika bis zu Ronen Steinkes Entwicklung und Perspektiven der internationalen Strafjustiz, so dass insgesamt ein weitgespannter und vielfältiger Überblick über jüngeres Unrecht und seine grundsätzlichen Gefahren geboten wird, auch wenn Unrecht niemals ungeschehen gemacht werden kann.
Innsbruck Gerhard Köbler